Die Achtung vor den Werten und Traditionen anderer und der interkulturelle Dialog gehören aktuell zu den wichtigsten Themen unserer Gesellschaft. Durch die Ankunft der vielen Flüchtlinge auch hier im Landkreis kochte das Thema im vergangenen Jahr so hoch wie nie. Während die Asylsuchenden also heute in ihren Unterkünften die Bräuche und Verhaltensweisen ihrer Gastgeber kennen lernen, etwa wie man den Müll trennt und dass man auf Plastikflaschen Pfand zahlt, lernen die Brucker bei von den fleißigen Asylhelfern organisierten Gemeinschaftsfesten die kulturellen Besonderheiten der Gäste kennen, ihre Musik, ihre kulinarischen Köstlichkeiten. Doch manchmal sind es nicht Tausende Kilometer, sondern nur ein paar wenige, die über kulturelles Dies- und Jenseits entscheiden. Und manch einem traditionsstolzen Bayern täte es gut, einen Blick nach links oder rechts zu werfen.
Vorbildlich auf diesem Gebiet haben sich die Egenhofener Burschen verhalten - ob gewollt oder nicht, das sei einmal dahin gestellt. Aber genau für dieses interkulturelle Engagement wurden sie postwendend von einem engstirnigen Nachbarn abgewatscht. Denn die Egenhofener haben ihren Maibaum bereits am 30. April, also in der Nacht auf den 1. Mai aufgestellt. Noch in der gleichen Nacht hat ein anonymer Grantler einen Zettel am Egenhofener Stamm angebracht: "I Bin da / Enghofa Baam / bin ned im Mai / aufgstoid worn / Mi homs zum / Aprilscherz / erkor'n !!!". Wenn nun dieser oberbayerische Ignorant - sei er aus Mittelstetten, Pfaffenhofen oder Maisach - ein wenig mehr von der heimischen Kultur kennen würde als das, was man in seinem Dorf überliefert, dann wüsste er, dass der Schwabe, immerhin nur einen Steinwurf von Egenhofen entfernt lebend, seinen Maibaum in der Regel eben bereits in der Nacht auf den 1. Mai aufstellt - und die Egenhofener Aktion damit ein großer Akt der Völkerverständigung war und keine Brauchtumsverletzung.