Kolumne zur S 3:Vom Computer vergessen

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Nur digital verschwunden: Ein Zug der S 3 in Gröbenzell. (Foto: Günther Reger)

Der MVV will den Fahrplan auf den neuesten Stand bringen. Dabei verschwindet eine ganze Linie

Von Christian Krügel

Das digitale Zeitalter lehrt uns, dass es immer nur eins und null gibt, schwarz oder weiß, Sein oder Nichtsein. Datenbanken kennen keine Grautöne, ein falsch gesetzter Haken im Computerformular kann über Schicksale und Existenzen entscheiden - selbst die von ganzen S-Bahn-Linien. Wer das nicht glaubt, frage Gröbenzeller Pendler. Oder auch Lochhauser, Olchinger, Maisacher. Sie alle einte am Wochenende ein Schicksal: Ihre S-Bahn-Linie gab es einfach nicht mehr.

Jeder, der entlang der S 3 nach Mammendorf wohnt und in der digitalen Fahrplanauskunft des Münchner Verkehrsverbund (MVV) den schnellsten Weg aus München nach, sagen wir, Gröbenzell suchte, bekam abenteuerliche Routenempfehlungen: etwa mit der S 8 nach Pasing, dann mit dem Bus weiter nach Lochhausen, dann in den nächsten Bus umsteigen und weiter nach Gröbenzell. Oder mit der S 4 nach Puchheim, dann mit dem 830-er Bus weiter in die Gartenstadt. Nur den vermeintlich einfachsten Weg gab es nicht mehr: am Marienplatz in die S 3 einsteigen und einfach bis zum Gröbenzeller Bahnhof durchrauschen. Weder MVV, noch Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), noch DB-Auskunft wollten von dieser S-Bahn jemals etwas gehört haben. Alle Systeme zeigten das gleiche frustrierende Ergebnis, egal für welches Datum und welche Uhrzeit. Es soll tatsächlich Gröbenzeller gegeben habe, die eigens zum Bahnhof fuhren und nachschauten, ob das Gleis abgebaut und der Bahnhof aufgelöst sei. Doch alles fand sich dort in bester Ordnung - nur keine Information über das Schicksal der S 3.

Die tauchte Anfang der Woche in den Rechensystemen ebenso plötzlich auf, wie sie verschwunden war. Und der MVV lieferte am Dienstagabend auch eine Erklärung: Bei einem Update aus Anlass des Fahrplanwechsels hatte ein Mitarbeiter vergessen, vor der Linie S 3 einen Haken in der Datenbank zu setzen. Schwuppdiwupp war die Linie weg. Und weil der MVV mit seinen Daten Bahn und MVG speist, war sie auch in deren Systemen nicht mehr existent.

Eine simple Begründung, die aber S-4-Pendler auf eine simple Idee bringen könnte. Denn vielleicht funktioniert der Trick auch andersrum. Was, wenn ein raffinierter Puchheimer sich einfach in die MVV-Datenbank hacken und dort einen Zehn-Minuten-Takt für die Strecke eintragen würde? Zumindest in der virtuellen Realität wären viele glücklich.

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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