Mitten im Landkreis:Tropische Insel der Glückseligen

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(Foto: N/A)

Warum das Jammern über das Wetter so erfüllend ist

Von Stefan Salger

Was ist Glück? Darüber haben sich Generationen von Philosophen den Kopf zerbrochen. Geld macht angeblich glücklich. Nimmt man den Euro als Glücksmaßeinheit, kommen einem erste Zweifel: Sein ganzes Leben lang träumt der Mensch vom Lottogewinn. Hat er dann sechs Richtige mit Zusatzzahl und räumt ordentlich ab, zerfließt jenes Glück oft schnell zwischen den Fingern. Das zeigt das Beispiel von Michael Broers. In den Neunzigerjahren knackte der den Jackpot und war um 2,7 Millionen reicher. Broers verjubelte alles im Zeitraffertempo, landete im Knast und stottert heute noch eine fünfstellige Summe ans Finanzamt ab. Außerdem ließ sich seine Frau scheiden. So hat er sich das Glück wohl nicht vorgestellt.

Wir erinnern uns an Diogenes, der in einer Tonne gehaust haben soll. Als Alexander der Große ihn fragte, wie er ihm einen Gefallen tun könne, soll der griechische Philosoph geantwortet haben: "Geh mir ein wenig aus der Sonne." Offenbar ist das Grad Celsius die geeignetere Glücksmaßeinheit. Dann müssten die Menschen im Landkreis zurzeit auf Wolke Sieben schweben. Auch wenn man sich fragt, warum so viele das Glück nicht vor der eigenen Haustür suchen, sondern lieber nach Mallorca jetten - obwohl es dort mit schlappen 36 Grad am Freitag frostiger war als in Teilen Süddeutschlands, wo die 40-Grad-Marke geknackt wurde. Wie auf Kommando setzt hinter Haustüren in Malle, Gröbenzell und Althegnenberg freilich ein bekanntes Wehklagen ein: Puh, diese Hitze! Die reinste Sauna! Gar nicht auszuhalten! Obwohl einem der alte Rudi-Carrell-Hit "Wann wird's mal wieder richtig Sommer?" noch in den Ohren klingt und man sich zur knappen Antwort berufen fühlt: Jetzt! Also Klappe halten und glücklich sein!

Langsam dämmert einem, warum wir hier im Landkreis auf einer Insel der Glückseligen leben. Hier gibt es eine traumhafte Amplitude, die nach Worten des Unterschweinbacher Wettergurus Sebastian Kammerlocher von der letzten weißen Weihnacht im Winter 2010 bis zum Jahrhundertsommer 2003 (oder wahrscheinlich eher noch 2015) reicht. Beste Voraussetzungen für reichlich Gesprächsstoff und ein dauerhaft glückliches Leben. Das nämlich wird garantiert, wenn man - zu kalt, zu warm, zu nass, zu trocken! - Jahr für Jahr so wunderbar jammern kann.

© SZ vom 08.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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