Mitten im Ampermoos:Enkel der Dinosaurier

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Trägt einen angsteinflößenden Namen, ist aber ein flauschiger Piepmatz: Der vom Aussterben bedrohte Raubwürger ist Ampertaler des Monats. (Foto: Sebastian Böhm)

Ein kleiner Piepmatz trägt einen schauderhaften Namen und erhält nun dennoch eine Auszeichnung

Kolumne von Stefan Salger

Das Tierreich ist schon ein rechtes Gruselkabinett. Man denkt da etwa an den Inlandtaipan. Das ist die giftigste Schlange der Welt. Aber keine Bange: das bis zu zweieinhalb Meter lange, bräunlich-grünliche Biest kommt im fernen Australien vor. Oder da wäre das bis zu fünf Meter lange Leistenkrokodil, das seine Gegner mit mächtigen Kiefern packt wie ein Schraubstock und mit der Todesrolle unter Wasser alle Knochen bricht. Fürchterlich. Puh, gottlob wurde vom Ufer der Amper aus noch keine einzige Todesrolle beobachtet.

Krokodile sind Nachfahren der Archosaurier, zu denen unter anderem auch die ausgestorbenen Pterosaurier und die Dinosaurier gehören. Ach ja, apropos Dinosaurier: Da läuft es einem kalt den Rücken runter, wenn man an den Tyrannosaurus denkt. Bis zu 13 Meter groß, neun Tonnen schwer - einer der größten landlebenden Fleischfresser überhaupt. Glücklicherweise ist das Monstrum mit den messerscharfen Zähnen vor gut 60 Millionen Jahren ausgestorben.

Und nun die Hiobsbotschaft: Ein weiterer direkter Nachfahre der Archosaurier hat sich in die Neuzeit gerettet. Und jetzt halten Sie sich fest: Der legendäre Raubwürger (übrigens ein sehr enger Verwandter des Neuntöters) wurde jüngst mehrere Male gesichtet. Nicht irgendwo in Australien oder einem fernen Dschungel. Auch nicht in einem Blockbuster à la Jurassic Park. Nein, im Ampermoos. Müsste doch ein Fall sein für den Großwildjäger oder die GSG 9. Wie aber ist es zu erklären, dass so ein grässliches Untier sogar offiziell als "Ampertaler des Monats Dezember" verharmlost wird? Mit schreckgeweiteten Augen lesen wir die Nachricht von Sebastian Böhm. Und dann rehabilitiert der Gebietsbetreuer fürs Ampertal doch tatsächlich den Raubwürger. Dabei handle es sich um "eine wahre Schönheit unserer heimischen Vogelwelt". Der schwarz-weiß-gefiederte Piepmatz ist im Ampermoos nur noch im Winter zu beobachten, weil es in Bayern mittlerweile an großräumigen, strukturreichen Landschaften mit Hecken, Streuobstwiesen und Feldgehölzen sowie Heide- und Moorflächen fehlt. Und meucheln tut der amselgroße Vogel nur Insekten, Mäuse, Kleinvögel, kleine Frösche oder Eidechsen. Dem Raubwürger wünscht man, dass er nicht das Schicksal seines garstigen Verwandten Tyrannosaurus teilt. Denn auch der flauschige Enkel ist vom Ausstreben bedroht. In seinem Fall wär's wirklich schade.

© SZ vom 28.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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