Messe:Steuern und andere Hürden

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Bei der Existenzgründermesse im Landratsamt lassen junge Unternehmer ihre Businesspläne prüfen und informieren sich über die Anforderungen von Behörden und Finanzamt

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Das Finanzamt Fürstenfeldbruck hat sich bei der Existenzgründermesse im Brucker Landratsamt so aufgebaut, dass jeder Unternehmensgründer am Stand der Behörde vorbei muss. Freilich ist das nicht als Bedrohung zu verstehen. Die Finanzbeamten Magdalena Weißenbach und Martin Dechantsreiter beantworten geduldig alle Fragen, die ihnen gestellt werden. "Wie funktioniert Elster?", sagt Weißenbach, ist eine der häufigsten Fragen der Newcomer. Mit Elster ist nicht der diebische Vogel gemeint, sondern die Online-Übermittlung von Steuererklärungen jeglicher Art. Dazu müssen sich Existenzgründer und Steuerpflichtige über das Elster-Portal registrieren lassen. "Daran scheitern schon einige", erklärt Dechantsreiter. Dann geht es um Umsatzsteuerzahlungen oder die Gewerbesteuer.

Gespräch mit dem Finanzamt: Marion Brandl (links) möchte eine Media-Agentur gründen. Dafür holt sie sich Informationen bei Magdalena Weißenbach (Mitte) und Martin Dechantsreiter. (Foto: Günther Reger)

Existenzgründer müssen, wenn sie über einen jährlichen Umsatz von 17 500 Euro liegen, in den ersten zwei Jahren sogar jeden Monat eine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben. Von der Gewerbesteuer sind die Freien Berufe befreit. Dazu gehören nicht nur Rechtsanwälte und Ärzte, sondern auch Künstler, Heilpraktiker oder Journalisten. Hamid Rezai ist für das Institut für Freie Berufe aus Nürnberg, das an die Universität Erlangen angeschlossen ist, als Berater angereist. "Ich mache Erstberatung und prüfe Businesspläne der Gründer in den Freien Berufen", erzählt Rezai. So unterstützt die Arbeitsagentur Arbeitslose, die sich selbständig machen, sechs Monate lang mit einem Gründungszuschuss in Höhe des Arbeitslosengeldes plus einen Zuschlag von 300 Euro pro Monat.

Existenzgründer: Guido Amendt (Zweiter von links) spricht über die Olchinger Braumanufaktur. (Foto: Günther Reger)

Unternehmensgründer Alexander Kirschke wird statt doppelter Buchführung, die ab einem Umsatz von 600 000 Euro pro Jahr erforderlich ist, nur eine einfachere Einnahme-/Überschussrechnung dem Finanzamt einreichen müssen. Der 38-jährige Gautinger will Hotels dabei helfen, ihr Angebot besser zu vermarkten. Kirschke kommt aus der Hotelbranche, er hat bei einem größeren Hotel in Starnberg gearbeitet. "Mit meinem Wissen mache ich mich selbständig und bringe Hotels mit ihren jeweiligen Zielgruppen zusammen", erklärt er. Kirschke weiß, dass er mit den großen Internet-Buchungsportalen, wie booking.com, konkurriert. Dieser Konkurrenz will er sich stellen und den Hotels mehr bieten als die Gästevermittler, die bis zu 25 Prozent Vermittlungsgebühr nehmen. Kirschke überzeugt: "Dieses Geld können die Hotels besser in mich investieren."

Kirschke und andere Unternehmensgründer konnten sich den ganzen Tag bei Vorträgen umfassend darüber informieren, was als Unternehmer auf sie zukommt. Rechtsform des Unternehmens, Businessplan, Finanzierungsmittel für Gründer waren die Themen, oder auch die Fragen: Wie kommen Jungunternehmer an erste Aufträge? Die Resonanz bei den Existenzgründern war überschaubar, etwa 20 Personen saßen in den Vorträgen oder suchten an den Informationsständen Rat. Harald Hof von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Weilheim, Veranstalter zusammen mit der Handwerkskammer München und Oberbayern und der Wirtschaftsförderung im Landratsamt, ist trotzdem zufrieden. "Die Tendenz war einige Jahre lang sinkend. Es gab deutschlandweit ein Minus von 20 000 Gründern", berichtet Hof, "jetzt mache ich einen Umkehrpunkt aus." Er hätte sich natürlich mehr Besucher gewünscht. "Doch wichtig ist, dass wirklich Interessierte kommen", sagt Hof und zeigt auf Alexander Kirschke. Der kommt auch noch am Finanzamtsstand vorbei. Substanzielle Steuererleichterungen hat er als Gründer nicht zu erwarten. "Weil unsere Steuersätze schon so günstig sind", erklärt Finanzamtsmitarbeiter Dechantsreiter süffisant mit einem interpretierbaren breiten Schmunzeln im Gesicht.

© SZ vom 10.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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