Mein Tag:Vermittler zwischen Kulturen

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Foto: Günther Reger (Foto: Günther Reger)

Heinz-Siegfried Schomburg leitet den Arbeitskreis Asyl in Germering

Von Ariane Lindenbach

Vor mehr als zehn Jahren, als er gerade dabei war, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, damals fing alles an. "Ich war auf der Suche nach einer sinnvollen Beschäftigung", erinnert sich Heinz-Siegfried Schomburg heute. Der Germeringer war 2005 im Begriff, in Rente zu gehen, als er erfuhr, dass in seiner Stadt Menschen gesucht werden, die Flüchtlingen ehrenamtlich Deutsch beibringen. Schomburg, der beruflich in verschiedenen Bereichen der Pharmaindustrie gearbeitet hatte, meldete sich. Und er blieb nicht nur bis heute gegen alle Widerstände dabei. Darüber hinaus leitet er seit zehn Jahren den Arbeitskreis (AK) Asyl in Germering. Für dieses Engagement ist der 74-Jährige nun mit der Bürgermedaille der Stadt ausgezeichnet worden.

Schomburg ist einer von 16 Germeringern, denen diese Ehrung in diesem Jahr zuteil geworden ist, weil sie sich mit ihrem jahrelangen ehrenamtlichen Engagement besonders für das Gemeinwohl, insbesondere das Wohl der Stadt Germering und ihrer Bürger, eingesetzt haben. Oberbürgermeister Andreas Haas überreichte die Auszeichnung in der Stadthalle. Wenn Heinz-Siegfried Schomburg Flüchtlingen hilft, sich hier besser zurechtzufinden, dann nennt er das schlicht seine "sozialen Aktivitäten". Die Auszeichnung mit der Bürgermedaille versteht der 74-Jährige eher als Dank an den gesamten Arbeitskreis Asyl, nicht nur als Anerkennung für die eigene Arbeit.

Etwa 20 Personen gehören dem Arbeitskreis an. "Der Stamm ist schon ziemlich lang dabei", viele von ihnen seien schon etwas älter, berichtet der Germeringer. Die Aufgaben umfassten "alles, so als ob man eine Familie betreut". Also von der Begleitung zum Arzt oder zu Behörden, Hilfe bei Jobsuche und Wohnung, "bis hin zum Kind, das man bei schlechtem Wetter zum Fußballtraining fährt", erzählt Schomburg.

Seit der Germeringer 2005 als Deutschlehrer begonnen hat, haben sich die Aufgaben der Asylhelfer stark verändert. "Der Schwerpunkt hat sich verschoben. Es sind wesentlich mehr Flüchtlinge, die draußen sind." Mit draußen meint er, dass sie nicht mehr im Asylbewerberheim am Starnberger Weg wohnen, sondern in einer normalen Wohnung. Und dass sie bereits als Flüchtlinge anerkannt sind. In dem Heim leben nach Schomburgs Schätzung noch 60 bis 70 Menschen, draußen etwa 100, davon etwa ein Drittel Kinder. Die Ehrenamtlichen haben sich die Arbeit so aufgeteilt, dass jeder eine oder mehrere Familien fest betreut. "Seit elf Jahren kümmere ich mich um eine ugandische Familie", genauso lang um eine Alleinerziehende mit ihrem jetzt 17 Jahre alten Sohn. Der besucht jetzt die zehnte Klasse der Kerschensteiner Mittelschule, steht kurz vor dem Abschluss. "Das ist das Schöne, wenn man sieht, wie sie sich entwickeln", freut sich der 74-Jährige. Wenngleich es durchaus Aspekte seines Engagements gibt, die ihn frustrieren, etwa wenn er merkt, dass manche Flüchtlinge gar nicht Deutsch lernen wollen.

Dennoch möchte er die Arbeit im AK Asyl, an der sich seit einigen Jahren auch seine Frau Sabine beteiligt, nicht missen. Er habe viel über andere Länder und Kulturen gelernt, erfahren, dass es auch andere Sichtweisen und Herangehensweisen gibt. Sein Fazit nach elf Jahren als Asylhelfer? "Wenn man sich mit Leuten aus anderen Kulturkreisen einlässt, muss man Geduld mitbringen."

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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