Mein Tag:Freude am Singen

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Foto: Carmen Voxbrunner (Foto: N/A)

Barbara Bittner leitet Kinderchöre an der Musikschule Germering

Von Henning Vetter

"Wo kommt die Kraft für das Singen her?" Dieser Frage geht Barbara Bittner nur allzu gern nach. Die 51-Jährige ist Kinderchorleiterin an der Musikschule Germering. Ihre beiden Gruppen bestehen aus Kindern im Alter bis acht Jahren und darüber. Zum Schuljahresanfang gibt es neue Gruppen. Buben und Mädchen sind zu einer Schnupperstunde am Mittwoch, 21. September, um 16 Uhr in den Eugen-Papst-Saal in der Stadthalle eingeladen. "Die Kinder kommen geplättet aus der Schule, da wollen sie nicht noch 45 Minuten still sitzen", erklärt Barbara Bittner . Deshalb verfolgt sie mit ihren Chören ein eigenes Konzept: Sie lässt dem Gesangsnachwuchs Bewegungsfreiheit, indem sie Ball- und Balancespiele in den Unterricht einbaut. Das erzeugt Körperspannung. In der Praxis ziehen dann die Kinder schon mal an einem Tau, wenn sie ein Seeräuberlied singen. Wenn die jungem Sänger später auf der Bühne stehen und das Stück vortragen, assoziieren sie es mit der Bewegung. Auch die Atmung steht im Fokus der Chorarbeit, bei der Stücke aus Volksmusik, Pop, Musical und Klassik einstudiert werden.

Bittner hat selbst schon als Kind viel gesungen, zunächst in Chören. Erst mit 19 Jahren nahm sie Gesangsunterricht und kam zu dem Entschluss, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. In Wien studierte die Altistin Gesangspädagogik und lernte unter anderem bei Mirka Yemendzakis, einer renommierten Sängerin und Stimmbildnerin. Als Peter Stein zur Expo 2000 in Hannover Goethes "Faust" inszenierte, war Bittner als Stimmbildnerin für die Schauspieler der Berliner Schaubühne zuständig. Neben der Tätigkeit fürs Theater arbeitete die Pädagogin hauptsächlich mit Sängern aus Klassik und Jazz zusammen.

Wenn sie die Gelegenheit dazu hat, führt Bittner Werke für zeitgenössische Solo-Stimme auf. Klassische Liederabende gefallen ihr nicht sonderlich. "Die sind immer 19. Jahrhundert pur, und man muss sich als Künstler fragen: Warum mache ich das? Außerdem ist Klavier nicht mein Lieblingsinstrument." Bei der Solo-Stimme kommt ein für sie entscheidendes Moment hinzu: das dramatische. Die Sprechstimme sei eng mit dem Gesang verwandt, erklärt Bittner, denn Singen sei die ursprüngliche Form des Sprechens.

Singen ist natürlich. Das sollen die Kinder bei ihr lernen. "Jedes Kind singt bei fast allem, was es tut." Diese Freude möchte sie gern übertragen. Mit ihren Chören hat sie dabei auch besondere Momente erlebt. Zum Beispiel in einer Chorstunde, als der Kanon "Lachend kommt der Sommer" einstudiert wurde und ein Junge wissen wollte, ob man denn das Lied nicht auch rückwärts singen könne. "Also habe ich das Lied rückwärts aufgeschrieben, und als die Kinder bemerkt haben, dass ich das auch noch nicht singen kann, haben sie unglaublich eifrig das Lied einstudiert. Innerhalb von einer Viertelstunde konnten sie es." Das gibt den Kindern Selbstvertrauen, was der Chorleiterin am wichtigsten ist. Ein anderer besonderer Moment für sie ist, "wenn die Kinder singend nach Hause gehen, dann weiß ich, dass es eine gute Stunde war."

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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