Mein Tag:Ein Leben lang im Rettungswesen

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Jürgen Skrzypczak wird geehrt für seinen Dienst am Allgemeinwohl. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Brucker Jürgen Skrzypczak wird vom Innenminister ausgezeichnet

Von Christian Hufnagel

Zur Mehrheit dürfte Jürgen Skrzypczak in der Jugend mit seinen Interessen nicht gehört haben. Während andere Buben in diesem Alter ihren Spaß im Sportverein suchen, faszinierte ihn das Rote Kreuz, und das "schon immer", wie er betont. Diese Faszination fußt wiederum in einer Neigung, die er sicherlich auch nicht mit der Masse teilt: "Ich helfe gerne jemandem anderen." Und eine Möglichkeit, dies zu verwirklichen, sah er in der Wasserwacht, der er sich 1968 in seiner Heimatstadt Coburg anschloss und in der er bis heute seinen Dienst versieht. 50 Jahre ehrenamtliches Wirken im Rettungswesen sind so zusammengekommen, oder wie es Bayerns Innenminister kürzlich in der Laudatio formulierte: "Sie helfen Ihren Mitmenschen in der Not und sind damit ein leuchtendes Vorbild für Solidarität." Als "Zeichen des allergrößten Respekts vor einer unglaublichen Lebensleistung" erhielt der Fürstenfeldbrucker von Joachim Herrmann ein "Großes Ehrenzeichen", welches erstmals und an insgesamt 29 ehrenamtliche Einsatzkräfte aus ganz Bayern verliehen wurde. Skrzypczak hat sich über diese Auszeichnung sehr gefreut und empfindet sie als "Anerkennung für das, was man geleistet hat".

Diese Leistung umfasst schließlich auch nichts Geringeres als die Bereitschaft, jederzeit einem Menschen das Leben zu retten. Und weil das tragischerweise nicht immer gelingen kann, versieht der Fürstenfeldbrucker ein Ehrenamt, das Erfahrungen mit sich bringt, "die an die Nieren gehen". Er erinnert sich etwa an einen Vermissten, dessen Leiche er und Kameraden aus dem Ammersee haben bergen müssen. Wer bei der Wasserwacht ist, muss natürlich damit rechnen, "mit dem Tod konfrontiert zu werden". Nebenbei konnte dies dem Fürstenfeldbrucker auch in seinem Beruf geschehen: Der 64-Jährige war Polizist und durchlief bis zu seiner Pensionierung von der Autobahnpolizei über den Flughafen bis hin zum Innenministerium eine Menge von Stationen.

Und nach dem Dienst ging es ans Pucher Meer. Dort haben die Mitglieder der Wasserwacht zum Glück nicht immer dramatische Einsätze, sondern sind vor allem mit vielen kleinen Erste-Hilfe-Leistungen beschäftigt. "Aufschürfungen", nennt der ausgebildete Rettungsschwimmer beispielhaft. Skrzypczak war zudem auch in Führungspositionen aktiv: Elf Jahre lang leitete er die Fürstenfeldbrucker Ortsgruppe der Wasserwacht, bis er eben das Gefühl hatte, dass Jüngere die Verantwortung übernehmen sollten. All dem nicht genug, gehörte er 30 Jahre lang der Motorradstaffel des Bayerischen Roten Kreuzes an, die auf Autobahnen unterwegs ist und Erste Hilfe leistet, bevor der Rettungswagen am Unfallort eingetroffen ist.

Dieses Amt hat der Pensionist zwar aufgegeben, ein anderes aber dafür übernommen. Er hat sich dem Kriseninterventionsteam des BRK Fürstenfeldbruck angeschlossen und betreut etwa Menschen, denen der Tod eines Angehörigen nach einem Unfall mitgeteilt wird: "Ich kümmere mich um Leute, um die sich sonst niemand kümmert", beschreibt er seine Motivation für eine außerordentliche Aufgabe, die für die eigene Psyche eine große Belastung sein kann.

Aber der 64-Jährige ist der Überzeugung, dass er seine "Lebens- und Einsatzerfahrung" bei solch einer wichtigen Aufgabe, er nennt sie ironisch "Austragshäuserl für Wasserwachtler", einbringen könne und müsse. Und wenn ihm ein Einsatz, im Fachjargon "psychosoziale Notfallversorgung", zu sehr zusetzt und belastet, findet der Helfer selbst Hilfe bei seiner Ehefrau: "Da kann es sein, dass ich sie nachts wecke und zu ihr sage: Ich muss mit jemandem reden."

© SZ vom 30.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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