Mein Tag:Auszeichnung an der Orgel

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Kirsten Ruhwandl wurde aus Personalmangel ins klate Wasser geworfen. (Foto: Günther Reger)

Kirsten Ruhwandl wird zur Kirchenmusikdirektorin ernannt

Von Felix Reuß

Wie der Zufall manchmal spielt, denkt sich Dekanatskantorin Kirsten Ruhwandl () in diesen Tagen wohl häufiger. An diesem Sonntag wird sie von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zur Kirchenmusikdirektorin ernannt. Eine Auszeichnung für eine Frau, die als Kind doch rein zufällig mit der Kirchenmusik in Kontakt gekommen ist, diese von da an als Hobby betrieben hat und sie bis jetzt in den verschiedensten Aspekten als Lebensinhalt ansieht. "Es ist das, was mir Freude bereitet, Kirchenmusik kann eine Heimat sein."

Dabei betreibt sie anfangs hauptsächlich das Orgelspiel, das sie schon mit elf Jahren beim Gottesdienst in ihrer oberfränkischen Heimat lernt. Aus Personalmangel wurde die Pfarrerstochter damals einfach ins kalte Wasser geworfen, doch nur weil es kalt ist, heißt das nicht, dass man nicht darin schwimmen kann. Und Kirsten Ruhwandl "schwamm" derart gut, dass sie sich bald nichts mehr anderes vorstellen konnte. Dem aushilfsweisen Spielen folgt Orgelunterricht, diesem ein Hochschulstudium. Schließlich kommt sie 1992 in die Gemeinde nach Fürstenfeldbruck und kümmert sich hier vor allem um die verschiedenen Chöre. Posaunen- und Motettenchor werden erweitert, das Streichorchester gar ganz neu aufgebaut.

Als Dekanatskantorin der Gemeinde übernimmt sie außerdem die Jugendarbeit. Die mittlerweile gut 40 Jahre Erfahrung an der Kirchenorgel gibt sie im Landkreis Fürstenfeldbruck weiter an nachfolgende Generationen. "Die Orgel ist mein Instrument, ich kann meine Emotionen dadurch sehr gut ausdrücken." Das möchte sie weitergeben, allerdings bedauert sie, dass das Interesse, vor allem der Jüngeren, eher nachlässt. Vielen scheine auch schlicht die Zeit zu fehlen für den Orgelunterricht, da sie den Tag in der Schule in Ganztagsklassen verbringen, meint die gebürtige Oberfränkin.

Das Herzstück ihres Engagements sollte aber der Gospelchor "Sing and Pray" darstellen. Sie übernahm die Gruppe von ihrem Amtsvorgänger Ralf Gössler und führte fort, was dieser begonnen hatte. Die Musik und auch der Umgang beim Performen unterscheide sich am meisten von den übrigen Chören, meint sie, da beim Gospelgesang sehr viel von Improvisation und Spontanität abhängt. Es baut mehr auf die Begeisterung des Publikums und nutzt die Welle der positiven Energie für sich. Beschreiben würde sie es mit der "Freiheit", die sie bei der fetzigen Kirchenmusik so schätzt, dass sie "Sing and Pray" sogar in ihrer Elternzeit ehrenamtlich leitete. An diesem Sonntag, 8. Mai, also, bekommt Kirsten Ruhwandl in der Brucker Erlöserkirche den Ehrentitel "Kirchenmusikdirektor", keine Beförderung in unternehmerischem Sinne, sondern eben eine Ehrung für langjährige Verdienste auf dem Gebiet der Kirchenmusik. Und wie kann solch eine Ehrung besser begleitet werden als durch die eigene Chorgruppe.

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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