Margot Simoneit im Gespräch:"Wir brauchen eine bessere Bezahlung"

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Bei den an diesem Dienstag beginnenden Personalratswahlen im öffentlichen Dienst kandidiert Margot Simoneit auf der Liste der Lehrergewerkschaft. Die Kreisvorsitzende will sich für mehr Personal und Qualität an den Schulen einsetzen

Interview von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die Personalratswahlen im öffentlichen Dienst werden vom 21. bis 23. Juni abgehalten. Auch die Lehrer wählen für fünf Jahre ihre Vertreter in diesen Gremien. Für die Beschäftigten an den Grund- und Mittelschulen im Landkreis kandidiert Margot Simoneit auf der Liste der GEW. Die SZ fragte die Kreisvorsitzende der Lehrer- und Erziehergewerkschaft nach ihrem Programm. Sie arbeitet seit 15 Jahren an der Wittelsbacher Mittelschule in Germering und war vorher an der Hauptschule am Gerner Platz in Puchheim beschäftigt. Simoneit ist seit 2011 im Personalrat des Schulamtsbezirks Fürstenfeldbruck.

SZ: Für welche Ziele tritt die GEW an?

Simoneit: Wir verstehen uns als gewerkschaftliche Interessenvertretung der Beschäftigten in den Schulen, egal ob Beamte oder Angestellte. Wir fordern eine gerechtere Eingruppierung, dass in Zukunft alle Lehrkräfte aller Schularten das gleiche Gehalt bekommen und in A 13 eingestuft werden. Wir wollen die regelmäßige Pflichtbeurteilung der Lehrer abschaffen. Die sollen nur noch auf freiwilliger Basis stattfinden, etwa wenn jemand eine Beförderung anstrebt. Zusätzlich sollen Möglichkeiten der kollegialen Beratung und der Supervision gefördert werden. Wenn jemand sich für Teilzeit entscheidet, muss das in allen Aufgabebereichen berücksichtigt werden. Oft müssen die Kollegen etwa als Aufsicht, bei Schulveranstaltungen oder bei Abschlussprüfungen im Verhältnis zu ihrer Stundenzahl mehr arbeiten als ihre Vollzeitkollegen. Außerdem fordert die GEW einen besseren Gesundheitsschutz, das ist in Bayern steinzeitlich. Und wir sind grundsätzlich dagegen, dass Schulleiter im Personalrat vertreten sind. Im Betriebsrat sitzt ja auch nicht der Chef mit dabei.

Darüber hinaus vertritt die GEW aber auch pädagogische Ziele, oder?

Ja, wir unterstützen etwa die Inklusion, aber nicht auf Kosten der Lehrer. Es sollten in Inklusionsklassen ständig zwei pädagogisch ausgebildete Personen anwesend sein, um eine optimale Förderung aller Schüler zu gewährleisten.

Es hat sich ja einiges geändert. Die Hauptschule wurde zur Mittelschule, es gibt Ganztagszweige, die Übergangsklassen für Flüchtlinge. Wie ist die Situation im Landkreis?

An den Mittelschulen gibt es eine drastische Unterversorgung mit Lehrern. Es gibt im Landkreis etwa 800 Beschäftigte an den Grund-und Mittelschulen, dazu eine mobile Reserve von etwa 25 Kollegen. Leider sind die Mobilen Reserven oft langfristig eingesetzt, etwa für Schwangerschaftsvertretungen. Das bedeutet, dass in Krankheitsfällen die Schulen improvisieren müssen, damit möglichst kein Unterricht ausfällt. Man versucht mittlerweile, die Löcher auch mit Kollegen zu stopfen, die für Realschule oder Gymnasium ausgebildet wurden und an ihrer Schulart nicht übernommen wurden. In Ausnahmefällen sogar solche, die nur das erste Staatsexamen abgelegt haben. Sie werden meistens nur befristet angestellt und sind dann am Ende jedes Schuljahres erst mal erwerbslos, was ein Unding ist. Dazu kommen die Übergangsklassen, wo sich Schulen und Lehrern bis an ihre Grenzen engagieren. Wir sind auch in diesem Bereich unterbesetzt, wir brauchen mehr Qualifikation und mehr Personal.

Die Germeringerin Margot Simoneit tritt für die Interessen der Lehrer im Landkreis ein. (Foto: Reger)

Was hat sich durch die Mittelschule verbessert?

Nicht mehr als der Name, es soll schöner klingen. Auch wenn man im M-Zweig der Mittelschulen den Mittleren Schulabschluss erwerben kann, wird die Mittelschule insgesamt in weiten Teilen der Bevölkerung immer noch als Restschule wahrgenommen.

Wie könnte man das ändern?

In dem man mehr qualifiziertes Personal einstellt und die Ausstattung verbessert. Stattdessen werden die Lehrerstunden noch gekürzt, was vor allem Förderunterricht und Arbeitsgruppen trifft. Grundsätzlich ist die GEW jedoch dafür, dass mehrgliedrige System aufzulösen. Es ist ein Unding, die Kinder in der vierten Klasse zu selektieren. Das steht auch im Widerspruch zum Gedanken der Inklusion.

Eine wichtige Neuerung ist der Ganztagsunterricht. Wie steht es damit?

Es gibt einen großen Bedarf, vor allen an den Grundschulen. Auch an den Mittelschulen kann der Bedarf nicht gedeckt werden. Es fehlen meistens die räumlichen Voraussetzungen. Für viele Aufgaben, etwa die Mittagsbetreuung, wird externes Personal eingesetzt, oft zu prekären Bedingungen, etwa auf Honorarbasis. Wir brauchen sichere Arbeitsplätze, eine bessere Bezahlung und Qualifizierungsmöglichkeiten auch für diese Kollegen.

Wie steht es mit dem Unterricht?

Die Lehrpläne werden derzeit aktualisiert, bei den Grundschulen ist das fast abgeschlossen, für die fünfte Klasse Mittelschule kommen die neuen Pläne im Schuljahr 2017/18. Es geht weg von der Lernziel- zur Kompetenzorientierung. Manche Kollegen fragen sich, wie man denn Kompetenz unterrichten und bewerten kann und ob dabei nicht die Inhalte, auf die es ja auch wesentlich ankommt, zu kurz kommen.. Außerdem gibt es viele verpflichtende Tests, wie die sogenannten Vergleichsarbeiten(VERA) in Deutsch und Mathematik. Sie kosten die Lehrkräfte viel zusätzliche Arbeitszeit, machen den Schülern unnötigen Stress und fallen am Ende oft schlecht aus, was frustriert.

Was schlägt die GEW vor?

Wir fordern folgerichtig die Abschaffung solcher Test aus den eben genannten Gründen. Wir kämpfen dafür, genügend Mittel an die Hand zu bekommen, um alle Schüler ihren Fähigkeiten entsprechend individuell fördern zu können. Dazu braucht es keine standardisierten Tests.

Die GEW tritt auch als politische Kraft in Erscheinung. Wieso das?

Wir engagieren uns etwa im Sozialforum Amper und im Bündnis gegen rechts. Unser Bündnis wird im Juli ein Projekt am Carl-Spitzweg-Gymnasium in Germering durchführen, wo ein Aussteiger aus der Naziszene berichten wird. Wir sind auch beteiligt an der Spendensammlung zum Aufbau einer Berufsschule in Kobanê in Syrien, der Stadt, die von den Milizen des Islamischen Staats belagert und zerstört wurde. Dass wir uns da ein Bildungsprojekt ausgesucht haben, liegt auf der Hand. All das entspricht unserem Selbstverständnis als Gewerkschaft mit politischem Anspruch.

© SZ vom 21.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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