Lieferverkehr:Teure Transporte

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Auf den Bundesstraßen 2 und 471 gilt seit Anfang Juli die Lkw-Maut. Die Unternehmer rätseln noch über die neuen Kosten

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Seit an der Bundesstraße 471 die neu aufgestellte blaue Säule in Betrieb gegangen ist, wird jedes vorbeifahrende Fahrzeug elektronisch erfasst. Alle Fahrzeuge, die kleiner sind als ein Lastwagen mit mehr als 7,5 Tonnen Gesamtgewicht, werden aussortiert, nur die Brummis bleiben im Fotospeicher. Denn mit dem 1. Juli wird die seit 2005 auf deutschen Autobahnen geltende Lkw-Maut auch auf alle Bundesstraßen ausgedehnt. Davon erwartet sich das Bundesverkehrsministerium zweieinhalb Milliarden Euro Mehreinnahmen pro Jahr. Was das die betroffenen Firmen im Landkreis kosten wird, kann noch niemand der Befragten mit Gewissheit sagen. Fest steht nur: Irgendwann schlagen die Mehrkosten auf den Verbraucher durch.

Im Fuhrpark des Olchinger Garten- und Landschaftsbauers Waltl gibt es zwei Baufahrzeuge, für die die Firma Maut an die Betreiberfirma Toll Collect abführt. "Wir haben einen Zwölftonner und einen Dreiachser mit 26 Tonnen", berichtet Florian Waltl, "mit denen wir viel auf den Autobahnen unterwegs sind." Dass die Fahrer die Autobahnen nutzen, hat nach Auskunft Waltls hauptsächlich damit zu tun, dass sie sich nicht durch enge Ortsstraßen und die stark frequentierten Hauptstraßen in den Städten quälen müssen. "Wir sind auf der Autobahn einfach schneller." Auch Umgehungsstraßen würden befahren. Doch weil es sich dabei meist um Bundesstraßen handelt, rechnet der Gartenbauer mit deutlich höheren Lkw-Kosten.

Je nach Schadstoffklasse und Zahl der Achsen werden pro gefahrenem Kilometer auf Autobahnen und Bundesstraßen zwischen 8,1 und 21,8 Cent fällig, wie aus der Toll-Collect-Zentrale in Berlin zu erfahren war. Erfasst werden unter anderem Waltls Lastwagen zum Beispiel an der Kontrollstelle der B 471. Sie ist eine von 100 Säulen, die in Bayern neu aufgestellt wurden, um den Lkw-Verkehr auf den Bundesstraßen zu kontrollieren. In ganz Deutschland sind es 622 blaue Säulen, aus denen es zwar nicht blitzt, denen aber auch kein Mautpreller entgehen soll. Zusätzlich wird das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) Kontrollen vornehmen. Die Zahl der 9000 Streckenabschnitte, in denen auf Autobahnen und teilweise auch schon Bundesstraße Maut fällig wird, erhöht sich auf 140 000. Bisher lagen auf diesen Abschnitten die Einnahmen aus der Maut bei etwa 4,7 Milliarden Euro im Jahr. Für die Jahre 2018 bis 2022 wird durch die auf Bundesstraßen erweiterte Maut mit jährlichen Mehreinnahmen von zweieinhalb Milliarden Euro gerechnet, was zu Jahressummen von 7,2 Milliarden Euro führen soll. Dieses Geld muss Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) laut Gesetz in den Straßenbau, unter anderem in den Erhalt von Brücken, stecken.

Firmen wie die von Waltl müssen sich aber schon Anfang 2019 darauf einstellen, mehr für den Mautkilometer zu bezahlen. Um wie viel Cent die Abgabe dann steigen soll, ist noch nicht beschlossen. Diese Frage sei eine politische, heißt es bei Toll Collect. Möglich ist aber, dass die neuen Abgaben nach Gewicht und Anzahl der Achsen berechnet werden und zusätzlich eine Lärmabgabe fällig wird. Außer Florian Waltl würde sich kurzfristig für einen Lastwagen mit Elektroantrieb entscheiden: Die sind von der Maut ausgenommen. Eine Ausnahme möchten die Abschleppunternehmer auch gerne. Doch ihr Verband kämpft derzeit noch vergebens für die Befreiung. Für jede Fahrt, bei der die Lkw der Mammendorfer Firma Schweizer ein Fahrzeug Huckepack nehmen, um es von A nach B zu transportieren, wird Maut auf Autobahnen und autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraßen und seit 1. Juli auch auf allen Bundesstraßen fällig. Nur wenn es sich um eine Nothilfe handelt, wenn also ein Auto nach einem Unfall auf der Autobahn oder in der Stadt geborgen werden muss, dann muss der Abschlepp-Unternehmer Nico Bebst kein Kilometergeld an den Staat entrichten. Damit sei er der Feuerwehr oder dem Rettungsdienst gleichgestellt, die bei Einsätzen mit mautpflichtigen Fahrzeugen ebenfalls von den Gebühren befreit sind.

Die nun 40 000 Bundesstraßenkilometer, die zu den 12 800 Autobahnkilometern hinzukommen, werden auch für Spediteure Kosten verursachen, die sie an die Kunden weitergeben werden. Damit rechnet man auch bei einem im Gewerbegebiet Geiselbullach ansässigen Speditionsfrachtdienst. Eigene Lastwagen hat die Firma nicht mehr, sie gibt die Aufträge an Subunternehmer. Die rechnen Pauschalbeträge ab, sagt die Spedition, und erhöhen diese nach einer Neuberechnung der Gesamtkosten wohl auch.

© SZ vom 05.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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