Landsberied:Zuspruch für die Bauern

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Grünen-Abgeordnete Gabriele Triebel besucht den Kandlerhof, um sich die Sorgen der Landwirte anzuhören. Sie wünscht sich von ihnen mehr Selbstbewusstsein und Impulse an die Politik

Von Ingrid Hügenell, Landsberied

Mehr Selbstbewusstsein wünscht sich die Landtagsabgeordnete Gabriele Triebel (Grüne) von den Bauern. Sie fände es gut, wenn die bayerischen Landwirte ein "französisches Gen" hätten und auch mal auf die Barrikaden gehen würden, sagt sie am Montag bei ihrem Besuch auf dem Kandlerhof in Landsberied.

Triebel ist es ein Anliegen, sich direkt an der Basis die Sorgen und Nöte der Landwirte anzuhören. Und so sitzen nun im Stadel an einer improvisierten Kaffeetafel Richard und Christine Haas, die den Kandlerhof mit seinen 70 Milchkühen und der Nachzucht bewirtschaften sowie ihr Sohn Michael, der ihn einmal übernehmen soll, und reden mit der Grünen-Abgeordneten. Später geht es in den Stall. Mit dabei: Kreisobmann Georg Huber und Kreisbäuerin Karin Sepp. Die Landwirte ärgern sich darüber, wie Lebensmittel bei Discountern verramscht werden, über ausufernde Bürokratie und auch noch immer darüber, wie sie beim Volksbegehren "Rettet die Bienen" an den Pranger gestellt worden seien. Auf Hubers Aussage, die Billigpreise für Lebensmittel seien politisch gewollt, antwortet Triebel mit der Aufforderung sich zu wehren: "Es fehlt mir, dass von euch der Impuls kommt der Politik zu sagen, wir wollen was anderes."

Auch um das Bild der Landwirtschaft in der Gesellschaft geht es. Triebel hat ein Puzzle mit 15 Teilen mitgebracht, es zeigt Bauernhoftiere auf der Wiese: Hühner, ein Pferd mit Fohlen, ein lustig herumspringendes Schweinchen, Kaninchen, Katzen, einen Hund. Keine Kühe. "Alles ist nett und schön", sagte die Abgeordnete. "Dieses Bild besteht draußen." Auch ihre zweijährige Enkelin denke, so sei es auf dem Bauernhof. "Bläds Buidl", entfährt es Huber. Alle am Tisch sind sich einig, dass das Bild mit der Realität nichts zu tun hat, schon allein, weil es vielerlei Genehmigungen und einen doppelt gesicherten Zaun brauche, um Schweine außerhalb eines Stalls zu halten, wie Huber erklärt.

Gespräch im Kuhstall: Christine Haas (von links), Gabriele Triebel, Michael Haas, Richard Haas, Georg Huber und Karin Sepp durch die Handykamera von Triebels Mitarbeiter Stefan Kukla aufgenommen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Selbst die Weidehaltung von Kühen sei im Landkreis schwierig. "In unserer Gegend Kühe austreiben? Unmöglich!", sagt Huber. Das gehe schon deshalb nicht, weil Straßen oder Bahnlinien alle bäuerlichen Flächen durchschnitten. "Wir sind immer geschimpft worden, wenn wir ausgetrieben haben", berichtet Christine Haas. Wegen des Drecks auf der Straße, und weil Autofahrer sich nicht damit abfinden wollten, dass sie wegen der Kühe warten mussten. Es gibt aber offenbar auch andere Einstellungen: Richard Haas berichtet von einer Frau, die eine Schachtel Pralinen vorbeigebracht habe - als Dank dafür, dass die Kühe, die gerade nicht gemolken werden, im Ort auf der Weide stehen.

Durch Bildung müsste sich etwas verbessern lassen, denkt Triebel, selbst Lehrerin und in der Landtagsfraktion für Bildungspolitik zuständig. Die Lehrerbildung sollte ein Modul Landwirtschaft haben, fordert sie. Im "Versöhnungsgesetz" zum Gesetz gegen das Artensterben ist eine Woche pro Schuljahr vorgesehen, in der es um Nachhaltigkeit und Gesundheit gehen soll. Christine Haas ist Erlebnisbäuerin, sie hat viel Erfahrung mit Kindern und Lehrern auf dem Hof. Es ist etwas, was sie gerne tut. Aber der bürokratische Aufwand nehme immer mehr zu, sagt sie, und finanziell lohne sich der Aufwand gar nicht.

Eine falsche Idylle vermitteln Puzzle wie dieses und andere Bilder. In der Schule soll Kindern ein realistisches Bild vermittelt werden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Kurz angeschnitten wird das Handelsabkommen der EU mit dem südamerikanischen Mercosur, das alle für schlecht halten, weil so noch mehr billiges Rindfleisch nach Europa komme. Huber fordert eine Leinenpflicht für Hunde und ein allgemeines Betretungsverbot für die Zeit, in der bodenbrütende Vögel und Tiere wie Hasen ihre Jungen aufziehen. Der Kreisobmann beklagt schon lange, dass viele Spaziergänger, meist mit Hunden, über seine Wiesen und auch die Felder laufen und die Tiere aufschrecken. Die Verbote hätten Huber zufolge eine gute Signalwirkung an die Landwirte, würden nichts kosten und die Allgemeinheit in die Pflicht nehmen. "Aber das traut sich niemand, da haben auch die Grünen nicht den Mumm dazu", beklagt er.

Triebel hört sich alles an, ihr Mitarbeiter Stefan Kukla schreibt mit. Ihre eigenen Themen, Arten- und Klimaschutz, spricht sie, anders als angekündigt, doch nicht an. "Es ist mir vor allem wichtig zuzuhören", sagt sie und verspricht, nächstes Jahr wiederzukommen "wenn ich darf".

Ihr Besuch auf dem Kandlerhof dieses Jahr ist schon der zweite. Voriges Jahr, im Landtagswahlkampf, seien die Kandidaten aller Parteien auf dem Hof gewesen, sagt Huber. "Nachinformiert" hätten sich aber nur Hans Friedl von den Freien Wählern und eben "die Gaby" Triebel. Benjamin Miskowitsch (CSU) frage immerhin hin und wieder nach.

© SZ vom 21.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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