Kreis-FDP:Schicksalsjahr einer Partei

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Wahlkampfauftakt (von links): Britta Hundesrügge, Daniel Föst und Hendrik Grallert. (Foto: Günther Reger)

Beim Dreikönigstreffen geben die Redner den Wiedereinzug in den Bundestag als Ziel aus

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Daniel Föst musste sich zunächst vor allem stimmlich durchsetzen. Der Generalsekretär der bayerischen FDP schaute an sich hinab und meinte: "Mal sehen, was dieser Klangkörper hergibt." Er gab einiges her, musste er doch beim Dreikönigstreffen der Kreis-FDP in einem Lokal in Germering gegen das Gebrabbel an einem Zehnertisch anderer Gäste ankämpfen. Diese ließen sich auch durch die etwa 40 FDP-Politiker und die vielen kleinen Parteifähnchen nicht vertreiben. Doch Föst witterte schnell die Chance, potenzielle Wähler für die Bundestagswahl 2017 gewinnen zu können.

Föst provozierte einen Gast vom Nebentisch mit seiner Aussage, dass nur ein Prozent aller Deutschen an ein Glasfasernetz angeschlossen ist. "Das ist doch Blödsinn", rief der Gast. Dann wagte sich der FDP-Politiker noch weiter vor: "Ich übernehme die Rechnung für ihren gesamten Tisch, wenn sie schnelles Internet mit 100 Megabit haben." Daraufhin erklärte der Widersacher, dass er Premiumkunde einer Telefongesellschaft sei und sogar 200 Megabit erreichen könne. Der Faktencheck erfolgte nicht, aber Föst gab sich geschlagen. Die Rechnung übernahm er zwar nicht, bezahlte aber dem Tisch eine Runde Ouzo und kam nach seiner Rede ins Gespräch mit zwei Wählern.

Die FDP will zurück in den Bundestag. Das ist ihr erklärtes Ziel für dieses Jahr. Bundestagskandidat Andreas Schwarzer aus Türkenfeld sprach sogar von einem "Schicksalsjahr" für die Partei. Programmatisch will die FDP die Themen Bildung und Freiheit dem Wähler anbieten. "Wir sind keine Klientelpartei", versicherte Schwarzer eingangs, "wir sind die Partei, die die Freiheit liebt, und wir wollen Freiheitsrechte ausbauen." Freiheit und Sicherheit angesichts der Terrorbedrohung - wie will die FDP das lösen? "Mehr Sicherheit durch mehr Polizei", fordert die FDP auf den Tisch-Flyern und hält sich zugute, während ihrer Zugehörigkeit zur bayerischen Staatsregierung von 2009 bis 2013 etwa 3000 neue Stellen bei der Polizei geschaffen zu haben. Die Polizei soll zudem durch die "kontrollierte Freigabe von Cannabis" entlastet werden. Die Partei setzt sich dafür ein, verstärkt Bewerber mit Migrationshintergrund in den Polizeidienst aufzunehmen und spricht sich für den "Auf- und Ausbau robuster Anti-Terror-Einheiten" aus. Föst wandte sich entschieden gegen die Ausdehnung der Videoüberwachung: "Sicherheit schafft man nicht durch Filmen." Das produziere nur Datenberge, die keiner bewältigen könne.

Dann fuhr Föst fort in seiner verbalen Tour durch sämtliche Politikbereiche. Deutschland werde schlecht regiert und sei in den vergangenen drei Jahren stehen geblieben. Auch die Unternehmensgründungen seien auf einem niedrigen Stand. Deutschland müsse sich fit machen für die Digitalisierung. Dann folgte die Parole: "Auf dem Pausenhof sind die Kinder im digitalen Zeitalter, im Klassenzimmer dagegen in der Kreidezeit." Die FDP wolle "weltbeste Bildung". Er attackierte - ganz im Stil der alten FDP - Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die Gewerkschaften und Hartz-IV-Empfänger. Er forderte eine Politik für die Mitte der Gesellschaft, ohne zu sagen, wer dazu gehört. Auch die Forderung nach der Abschaffung der "kalten Steuerprogression" und des Solidaritätszuschlages wurde laut. "Das werden wir beenden", erklärte Föst. Die Antwort vom Nebentisch kam prompt: "Wie wollt ihr das ändern, wenn euch keiner wählt?" Da war selbst der eloquente Redner platt. Föst schüttelte sich kurz und schloss: "Geben Sie uns die Stimme im Namen von Deutschland." Das schien ihm doch etwas überdreht und er sagte: "Ja, kleiner geht's nicht."

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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