Kottgeisering:Flüchtlinge im Villenviertel

Lesezeit: 2 min

Unbegleitete Jugendliche beziehen ein Haus in Kottgeisering

Von Gerhard Eisenkolb, Kottgeisering

Noch drehen sich die alteingesessenen Kottgeiseringer um, wenn ihnen im Ort ein afrikanischer Jugendlicher auf dem Fahrrad begegnet. In einigen Wochen werden sich die Bewohner der kleinen Gemeinde im westlichen Landkreis an diesen Anblick gewöhnt haben. Seit den Pfingstferien leben nämlich sechs unbegleitete jugendliche Asylbewerber in einem vom Fürstenfeldbrucker Landratsamt angemieteten Haus der Kreuzackersiedlung, einem sehr guten Wohn- und Villenviertel.

Schon einige Wochen vor der Ankunft der Flüchtlinge im Alter von 13 bis 17 Jahren hatte sich ein Asylhelferkreis in Kottgeisering gebildet. Der Zuspruch beim ersten Treffen war überwältigend. Der Einladung waren etwa 25 bis 30 Kottgeiseringer gefolgt. "Die Hilfsbereitschaft ist wahnsinnig groß", sagt Katrin Kronenbitter, die mit Anita Schleibner die Arbeit der Helfer koordiniert. Nur der Zeitpunkt der Ankunft der Flüchtlinge sei wegen der Ferien ungünstig gewesen. Viele, die sich um die jungen Flüchtlinge kümmern wollten, waren zu dieser Zeit verreist.

Das vom Landkreis angemietete Wohnhaus in Kottgeisering ist das dritte Quartier im Landkreis für unbegleitete jugendliche Asylbewerber. In den Einrichtungen in Fürstenfeldbruck, Grunertshofen und Kottgeisering leben insgesamt rund 50 Flüchtlinge, wobei die in Kottgeisering mit je zwei Jugendlichen aus Afghanistan und Gambia sowie je einem aus Nigeria und Eritrea die kleinste ist. Da der Aufwand für die sechs Jugendlichen relativ groß ist, spricht die Koordinatorin der Asylhelfer von einem Experiment. Das bestätigt eine Sprecherin den Landratsamts, die von einer Übergangsbetreuung in Kottgeisering spricht. Träger der neuen Einrichtung ist nicht die Caritas, sondern die Gesellschaft für Jugend- und Familienhilfe in Fürstenfeldbruck, die bisher nur für ambulante Erziehungs- und Jugendhilfe im Landkreis tätig ist.

Auf die Heranwachsenden passt laut Kronenbitter rund um die Uhr ein Securityservice auf, tagsüber kommt noch ein bisher täglich wechselnder Sozialpädagoge der Gesellschaft für Jugend- und Familienhilfe als hauptamtlicher Betreuer dazu. Auch ein Kottgeiseringer kümmerte sich bisher täglich um die sechs Jungs.

Bei der Aufnahme der unbegleiteten Jugendlichen besteht das Hauptproblem darin, qualifizierte Betreuer zu finden, die eine Ausbildung zum Sozialpädagogen absolviert haben müssen. Da überall Sozialpädagogen zur Betreuung von Asylbewerbern gesucht werden, gibt es hier einen Engpass. Leben in einer Einrichtung 15 Heranwachsende, ist die Einstellung von 2,5 Fachkräften und 1,5 Hilfskräften vorgeschrieben. Zudem gibt es eine noch intensivere Betreuungsform mit nur zwölf Plätzen, um die sich vier Vollzeitfachkräfte und eine Hilfskraft kümmern müssen.

Am vergangenen Montag lud der Asylhelferkreis Ehrenamtliche zu einem Treffen ein, bei dem auch besprochen werden soll, wie die Jugendlichen in die Dorfgemeinschaft integriert werden können. Da im Haus noch viele Dinge fehlen und die Betreuung erst aufgebaut werden muss, spricht Kronenbitter von lösbaren Anfangsproblemen.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: