Konzerte:Vibrierende Blutmondnacht

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Ein Open Air ist dann gut, wenn das Publikum zu Tanzen beginnt. Insofern haben die Organisatoren des Brucker Vereins Subkultur mit der Auswahl der Bands wieder ein glückliches Händchen bewiesen. Trotz der Hitze kommt die Menge ordentlich in Bewegung. (Foto: Günther Reger)

Das diesjährige Open Air auf dem Subkultur-Gelände in Fürstenfeldbruck überzeugt mit einer intelligenten Musikauswahl. Und zum Tanzvergnügen mit Hip-Hop, Funk oder afrikanischen Rhythmen gibt es noch als kostenlose Dreingabe ein himmlisches Schauspiel

Von Sonja Pawlowa, Fürstenfeldbruck

Die Atmosphäre war vibrierend und tropisch das Wetter. Die Fürstenfeldbrucker Jugend und Musikfans anderer Altersgruppen hatten sich bereits frühzeitig trotz großer Hitze im Subkultur-Gelände eingefunden und es wurden im Laufe des Abends immer mehr. Draußen sein, zusammen feiern und grandiose Livemusik hören - das ist Sommerfeeling. Und als Zuckerl belohnte der Blutmond die Freude über den Ferienbeginn.

Ein Eyecatcher wie die Schiffsbar am hinteren Ende des Subkultur-Areals lockte mit Pfefferminza und anderen Kurz- und Bunt-Getränken. Bier, Wasser, Wein und Limo wurde an einem separaten Tresen nahe der Bühne ausgeschenkt. Das vermied Schlangenbildung und durstige Aggressionen. Burgergrill, Crêpes und Frozen Yogurt bildeten ein kreisrundes Ensemble mit Biertischen in der Mitte. Zur Entspannung und Belustigung verhalfen Bällebad oder Selfie-Machine. Man kann den Organisatoren nur gratulieren zum Rundum-Sorglos-Paket. Aber hauptsächlich der intelligenten Musikauswahl war die ausgelassene und friedliche Stimmung zu verdanken.

Die musikalische Eröffnung durch den Wiener Rapper "Fellowsoph" fand schon am späten Nachmittag statt. Wenn Hip-Hop mit dem charmanten Wiener Zungenschlag zusammentrifft, fallen brutale und harte Texte schwer. Der "Fellowsoph" gilt als Studentenrapper, weil die Inhalte seiner Songs sehr gesellschaftskritisch, politisch korrekt und reflektiert sind. Als zweiter Live-Act folgte ihm das Münchner Trio "Swango". Auch bei Swango wird gerappt, jedoch anders. Nicht nur der Einsatz einer Akkustikgitarre ist ungewöhnlich. Den Rhythmus der Worte untermalt ein Stepptänzer, nämlich der Bruder des Rappers "Manekin Peace". Mit Hip-Hop im herkömmlichen Sinne hat "Swango" nichts zu tun. Die metallbeschlagenen Steppschuhe von "Skill Gott Heron" sind ein geglückter Ersatz für eine Drum-Machine.

Noch lange vor Sonnenuntergang erklang eine weitere Form des Hip-Hop. Doch sind die "Vibesbuilder" fast ein Orchester und keineswegs eine Weiberband. Sie spielen in unterschiedlich großer Besetzung. Beim Subkultur Open Air waren es neun Akteure. Auch die "Vibesbuilder" schöpfen aus dem Klang außergewöhnlicher Instrumentierung. Deutschsprachiger Sprechgesang wechselten sich mit einer quellwasserklare Frauenstimme ab. Englische, sogar spanische Passagen wurden eingeflochten. Die Band spannt einen weiten Bogen von Funk über Jazz und Klassik bis hin zu afrikanischen Rhythmen, veredelt von spannenden und intelligenten Texte über Dorftrottel und Giganten. Das Publikum war begeistert und tanzte immer wilder - trotz Hitze und Durst.

Die jungen Mitglieder der "Vibesbuilder" kommen aus Schondorf am Ammersee. Da sie nun alle die Schulzeit hinter sich haben, werden sie sich an unterschiedlichen Universitäten begeben und wissen noch nicht so recht, wie sich das auf Proben und Auftritte auswirken wird.

Der nächste Programmhöhepunkt entfachte eine leise Explosion. Die Singer-Songwriterin "Lilly among Clouds" tourt seit 2016 fleißig um den Globus. Aus Würzburg kommend, hat sie beispielsweise auf dem Puls-Festival und auch beim SXSW in Austin, Texas, gespielt. Lilly befindet sich ganz klar auf Erfolgskurs. Ihre Einzigartigkeit gründet auf ihre eindringliche Joan-Baez-Stimme, die sie am Klavier, Schlagzeug und Gitarre begleitet. In Bruck trat sie mit der hervorragenden Cellistin Clara auf, die nicht nur eine wundervolle zweite Frauenstimme sang, sondern neben Cello abwechselnd auch E-Bass spielte. Die Zuhörer lauschten gebannt den melancholischen Balladen und riefen nach einer Zugabe, die aber wegen der strengen Ablaufplanung nicht gewährt werden konnte.

Denn sogleich begann der Aufbau zum nächsten Act, John Carner mit seiner fünf-köpfigen Band. Aus dem weit entfernten "irischen" Augsburg waren sie angereist und hatten neben Musik sogar einen Merch-Stand mitgebracht, der neben CDs auch verschiedene Carner-T-Shirts anbot. Mit irischem Folk à la "Mumford and Sons" heizten Carner und seine attraktive Akkordeonspielerin und Co-Sängerin dem Publikum ein. Die Stimmung war fröhlich, weil nun wieder das Tanzbein in Schwingung geriet. Die angenehmen Nachttemperaturen waren ein zusätzlicher Genuss.

Grüppchen von Jugendlichen hatten sich allerdings auf dem Parkplatz versammelt oder auf Grasnarben gesetzt, um einen Blick auf den Blutmond zu erhaschen. Erholung tat Not, denn die folgenden beiden DJs Matthias Schuell und Moses Viders aus Berlin verhießen noch eine lange Tanznacht.

© SZ vom 30.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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