Kommunaler Aktionsplan:Puchheimer Hürden

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Rathausmitarbeiter sowie Behinderten- und Seniorenbeiräte begleiten eine Rollstuhlfahrerin durch die Stadt. Im Blickpunkt steht dabei auch die Barrierefreiheit

Von Peter Bierl

Puchheim - Die Frau ringt mit dem Tor, drückt die Klinke, stößt es zurück, rollt einen halben Meter vor, bis das eiserne Ungetüm wieder gegen ihr rechtes Rad prallt, schiebt das Tor mit der einen Hand wieder weg und versucht, mit der anderen ihren Rollstuhl nach vorne zu schieben. Ähnlich mühsam ist ihr Weg zur Toilette: Das große Kopfsteinpflaster macht ihr zu schaffen, die Fahrt ist holprig, die Reifen könnten in den Spalten stecken bleiben. Das Gelände hat ein leichtes Gefälle quer zu ihrer Fahrtrichtung. Später plagt sich die Rollstuhlfahrerin noch mit Brunnen, Wasserhahn und Gießkanne herum. Der Schopflacher Friedhof in Puchheim ist für Rollstuhlfahrer ungeeignet. Das führt Rosita Anaya Rodríguez vom Behindertenbeirat im Test eindrücklich vor.

Der Puchheimer Behindertenbeirat 2018 an der Kreuzung Lager- Rotwandstraße. Fazit: zu wenig abgesenkte Bordsteine und Pflasterungen auf den Übergängen. (Foto: Günther Reger)

Das Gleiche gilt für andere öffentliche Orte in der Stadt, die Mitarbeiter der Rathausverwaltung sowie Mitglieder von Behinderten- und Seniorenbeirat am Donnerstag inspizieren. Der Rundgang ist ein Auftakt. Beiräte und Stadt wollen einen kommunalen Aktionsplan aufstellen, mit dessen Hilfe die UN-Behindertenrechtskonvention in Puchheim verwirklicht werden soll. Die Barrierefreiheit ist dabei ein wichtiger Punkt unter vielen. Ziel der Begehung war es, Barrieren in Puchheim zu identifizieren und gemeinsam zu besprechen, ob man diese abbauen kann.

Der Behindertenparkplatz am Schwimmbad am Gerner Platz, der viel zu eng markiert und auch noch gepflastert ist. (Foto: Günther Reger)

Vor allem Kopfsteinpflaster, schön anzuschauen, ist für Menschen mit Rollstuhl oder Rollator immer wieder ein Problem, etwa an der Kreuzung Lager- und Alpenstraße, in der Lochhauser Straße oder am Grünen Markt. Suboptimal ist der Zugang zum Schwimmbad am Gerner Platz, aber das will die Stadt sowieso komplett umbauen. Die Rampen der Bahnhofsunterführung sind viel zu steil, aber das lässt sich nicht mehr korrigieren. An manchen Ampeln fehlen akustische Signale für Sehbehinderte. Am Rathaus ist der Behindertenparkplatz weit weg von der Rampe, die ins Gebäude führt. Es gibt keine Leuchtstreifen an der Eingangstreppe.

Richard Ullmann, der Vorsitzende des Beirates, ist dennoch zufrieden mit dem Rundgang, bei dem die Probleme an sieben Stationen vorgeführt wurden, weil es ein Anfang ist. Es gebe noch viele solcher Stellen, sagt er. "Für uns ist es sehr hilfreich, mit eigenen Augen zu sehen und zu hören, was die Betroffenen zu sagen haben", sagt Beatrix Schmeiser, die Bauamtsleiterin, die mit einigen Mitarbeitern teilgenommen hat.

Das Ziel müsse eine "barrierearme Stadt" sein, sagt Ullmann. Der Beirat wolle sich selbst überflüssig machen. Bis dahin ist noch viel zu tun. Hartmut Grüßer, der frühere Vorsitzende und ebenfalls Rollstuhlfahrer, ist seit zwölf Jahren im Einsatz. "Es hat sich schon was getan, aber nur mäßig", lautet seine Bilanz. Der zweite Bürgermeister, Rainer Zöller (CSU), ist beeindruckt von dem, was er gesehen hat. "Da muss was geschehen", versichert er. Das Video mit den Bemühungen von Anaya Rodriguez wird er dem Stadtrat vorführen. Zöller ist sich sicher, dass das keinen kalt lässt. Manche Defizite seien leicht zu beseitigen, etwa die Bordsteine, die zu hoch aufragen, sagt Beatrix Schmeiser, die Bauamtsleiterin. Ein Umbau des Schopflachfriedhofs wird dagegen aufwendig und ziemlich teuer.

© SZ vom 04.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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