Kommentar:Wertvoller Mitbürger

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Jalal Abdallah ist ein Mann, wie ihn eine Gesellschaft sich wünscht. Er soll bleiben dürfen

Von Karl-Wilhelm Götte

Jalal Abdallah zeigt mehr Zivilcourage als so mancher Deutscher. Trotzdem wird ihm, der bei einem Bombenanschlag so schwer verletzt worden ist, dass er ein Leben im Rollstuhl verbringen muss, in Deutschland kein politisches Asyl gewährt. Welche Kriterien werden da angelegt? Zumindest Teile des Irak seien so sicher, sagt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass auch dem Überlebenden eines Sprengstoffanschlags zugemutet werden kann, dorthin zurückzukehren. Das ist eine skandalöse Entscheidung der Bundesbehörde. Doch sie deckt sich offenbar mit der Linie des neuen Bundesinnenministers.

Der Rechtsstaat gewährt auch Jalal Abdallah, der unser Land bewundert, weil es ihn erst einmal aufgenommen hat und Schutz bietet, das Anrufen des Verwaltungsgerichts, das die Entscheidung des Bundesamts überprüfen wird. Wer das als "Anti-Abschiebe-Industrie" verunglimpft oder von einem "Asylgehalt" schwätzt, hat nichts begriffen und stellt sich selbst jenseits des Rechtsstaats.

Doch die Gewährung von politischem Asyl ist das eine, Zuwanderung ist das andere Thema. Deutschland braucht Zuwanderung, wenn das Land auf längere Dauer die Bevölkerungszahl und die Zahl qualifizierter Arbeitsplätze halten will, die ein Exportweltmeister für sich reklamiert. Was braucht Deutschland für Menschen, um das Jahr 2100 in stattlicher Größe zu erreichen? Es braucht Menschen wie Jalal Abdallah, der neben Deutsch fünf weitere Sprachen spricht. Dieses Land braucht ihn, weil er Menschen mit seiner ausgleichenden Art zusammenführt und zwischenmenschliche Konflikte lösen kann. Diese außerordentliche Grundfähigkeit bescheinigen ihm alle Menschen, die mit ihm als "Kulturmittler" in Germering und jetzt in Geretsried zu tun hatten und haben. Wer es nicht glaubt, frage bei der Germeringer Polizeiinspektion nach, die ihn auch nachts gerufen hat, um Streitereien in Asylunterkünften zu schlichten.

Jalal Abdallah war und ist zu jeder Tages- und Nachtzeit helfend zur Stelle. Er ist als Mensch ein Vorbild für aktive Humanität, anders als die, die nur regelmäßig darüber schwadronieren. Dieser Mann hat nicht nur eine kleine Chance in unserem Land verdient. Wir brauchen ihn ganz dringend als Mitbürger.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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