Kommentar:Weltfremde Gesetze

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Mehrzweckhallen sind teuer, deshalb müssen sie intensiv genutzt werden können. Das sollten auch Gerichte berücksichtigen

Von Stefan Salger

Ewald Zachmann hat sich reichlich Hohn und Spott anhören müssen. Als Stadtrat und ehemaliger Olchinger Bürgermeister, hieß es, müsse er doch das Wohl der Stadt im Blick haben und solle nicht kleinkariert versuchen, juristisch das durchzusetzen, was er politisch nicht schaffe. Jeder, der den Rechtsanwalt kennt, weiß freilich auch, dass der sich mit Paragrafen auskennt und nicht ohne Erfolgsaussichten vor Gericht zieht. Das hat sich nun bestätigt. Zachmann selbst hatte seine Chancen, die Zahl der in der Mehrzweckhalle zulässigen Großveranstaltungen von 18 auf lediglich noch zwei zu beschränken, kurz vor der Verhandlung des Verwaltungsgerichts auf "50 zu 50" veranschlagt. Damit liegt er nicht schlecht: Das Gericht hat signalisiert, dass es ihm zwar nicht auf ganzer Linie, wohl aber in einigen Punkten folgt. Zachmann hat also einen Teilerfolg errungen. Er muss sich nichts vorwerfen lassen, zumal er die Bewohner der Seniorenanlage hinter sich weiß.

Und doch sind sowohl ein Kompromiss als auch ein ähnlich aussehender Urteilsspruch vor allem eines: weltfremd. Es ist einfach ärgerlich, wenn eine Mehrzweckhalle nur wegen des Parkverkehrs nicht ihre Aufgabe erfüllen kann. Angesichts der Millionensummen, die Kommunen für solche Sporteinrichtungen aufbringen müssen, ist eine Mischnutzung das Gebot der Stunde. Solche Gebäude müssen möglichst intensiv genutzt werden. Schüler brauchen mehr Sportunterricht, Städte mehr nicht vorrangig kommerzielle Veranstaltungen. Bei Kindergärten und Kinderspielplätzen hat der Gesetzgeber reagiert, auch da haben Nachbarn längst keinen Anspruch mehr auf ihre Ruhe. Natürlich soll und muss eine Stadt die Sache mit den Parkplätzen so gut wie möglich regeln und müssen Besucher Rücksicht nehmen. Ist das aber weitgehend gewährleistet, dann sollten strenge Nutzungsgrenzen vermieden werden. Ein intaktes Viertel, zumal in einer Stadt, wird vielfältig genutzt: Wohnen, Arbeiten, Ausbildung, Sport, Feiern sollten zusammenrücken - das minimiert unterm Strich auch den Autoverkehr. Es gibt also noch einige Hausaufgaben für den Gesetzgeber. Weil Olching nicht Berlin ist, können sich alle Beteiligten nur auf einen Kompromiss verständigen. Ein ordentlicher Vorschlag liegt auf dem Tisch.

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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