Kommentar:Wegducken statt Aufklärung

Lesezeit: 1 min

Trotz der allgemeinen Zustimmung zu ökologisch produzierten Lebensmitteln war der Aufklärungsdruck in Sachen Schlachthof bei Verbänden und Parteien gering

Von Peter Bierl

Umweltschützer, Kommunalpolitiker und Gewerbetreibende begannen vor zwei Jahrzehnten die Direktvermarktung regional produzierter und möglichst umweltverträglicher Lebensmittel im Landkreis zu fördern. Neben der inzwischen gescheiterten Energiewende war das ein Leuchtturm-Projekt. Stets hervorgehoben wurde dabei der Schlachthof für kleine Metzgermeister. Mit den Vorfällen dort hat nicht nur das Projekt, sondern auch die Direktvermarktung insgesamt einen herben Schlag erlitten. Denn ihr Erfolg beruht auf dem Vertrauen der Kunden.

Immerhin stammten die Tiere, die dort getötet wurden, zu 60 Prozent aus ökologischer Aufzucht, immerhin ging es um Verstöße gegen den Tierschutz. Umso erstaunlicher ist, wie gering der öffentliche Aufschrei ausfiel. Einschlägige Organisationen wie Brucker Land, Slow Food oder die Gruppe Zivilcourage für einen gentechnikfreien Landkreis duckten sich weg. Die Grünen fokussierten sich auf die durchaus wichtige Frage der Privatisierung von Kontrollen, die sich aber gegen den CSU-Landrat wenden ließ. Die ÖDP nominierte den verantwortlichen Geschäftsführer des Schlachthofes, ihren Kreisrat Max Keil, sogar für den Bezirkstag. Der ist inzwischen auch noch im neuen "Ernährungsrat" des Landkreises aktiv. Lediglich die SPD machte sich für eine Aufklärung stark, sie muss anders als CSU und Grüne nicht auf eine mittelständische Klientel achten.

Trotz des Skandals bleibt es richtig, eine umweltfreundliche Lebensmittelproduktion vor Ort zu unterstützten. Bloß sollte man Illusionen aufgeben. Der Verbraucher kontrolliert die Herstellung regionaler Produkte so wenig wie die der gern geschmähten Konzernen. Kleine wie große Unternehmen greifen im Konkurrenzkampf schon mal zu unlauteren Methoden, und Behörden schauen zu. Im Brucker Schlachthof hat das auf dem Papier umfassende staatliche Kontrollsystem versagt. Es brauchte einen Insider, der versteckte Kameras installierte, und couragierte Tierrechtler, um die Quälerei aufzudecken. Bleibt zu hoffen, dass dem Schlachthof unter anderer Regie ein echter Neuanfang gelingt.

© SZ vom 20.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: