Kommentar:Vorbild für andere

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Mit dem Vorhaben, zwei Häuser für Migranten und von Obdachlosigkeit bedrohte Einwohner zu bauen, ist Puchheim den anderen Landkreiskommunen einen Schritt voraus

Von Peter Bierl

Wer die Welt mit wachen Augen sieht, statt Schönrednern zu glauben, der weiß, dass die Zukunft für viele Menschen nicht rosig sein kann. Die wachsende soziale Ungleichheit sowie die Folgen der Umweltzerstörung, etwa des Klimawandels, fordern ihren Preis. Die gängige Reaktion besteht im Durchwursteln, Kirchturmspolitik, rhetorischer Kosmetik sowie Alibiaktionen zur Beruhigung. Die Stadt Puchheim zeigt, dass es auch anders geht. Am Montag verkünden die versammelten Bürgermeister des Landkreises endlich, dass für Obdachlose und Asylbewerber, die anerkannt sind, neue Wohnungen zu planen sind. Am nächsten Tag bringt der Puchheimer Stadtrat ein solches Projekt auf den Weg.

Das ist weder Zufall, noch besteht zwischen beiden Ereignissen ein Zusammenhang. Das ist vielmehr das Ergebnis vorausschauenden Denkens und Handelns. Die Wohnungsnot der einheimischen Bürger mit zu geringen Einkommen ist kein neues Phänomen. Verschärft wurde sie durch die staatliche Entscheidung, den sozialen Wohnungsbau einzustellen. Und dass Menschen vor Elend und Not, Krieg und Folter fliehen, ist auch kein Wunder. Bereits im Herbst 2014, lange bevor wieder einmal der Untergang des Abendlandes prophezeit wurde, hatte Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) erklärt, dass Häuser für Migranten und Menschen mit geringen Einkommen dringend gebaut werden müssten. Der Stadtrat und die Verwaltung schoben das Projekt an, Seidl warb dafür in der Bevölkerung, zuletzt auf der Bürgerversammlung im Herbst.

Die Stadt Puchheim und viele Bürger arbeiten seit Jahren, seit der Ankunft irakischer Familien im Planie-Viertel, an der Integration von Migranten. Beteiligt sind Kirchen, Schulen, Kindergärten, Jugendzentrum und Vereine, eine große Zahl ehrenamtlicher Helfer. Das gibt Probleme, Konflikte, Reibereien, manchen Ärger und Rückschläge. Auch in Puchheim gibt es Bedenkenträger und Rassisten. Aber nur so kann es vorangehen, während andere sich darauf kaprizieren, Stimmungen anzuheizen und Ressentiments zu bedienen. Vom Puchheimer Engagement können sich andere eine Scheibe abschneiden.

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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