Kommentar:Von der Zierde zur Plage

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Neophyten haben sich stark ausgebreitet. Es braucht Konzepte zur Eindämmung

Von Erich C. Setzwein

Sie sind hübsch anzusehen, locken jeden Sommer Abertausende Bienen und Insekten an und bereichern seit bald zweihundert Jahren die Flora. Doch immer noch heißen die Goldrute, der Riesenbärenklau oder das Springkraut "Neophyten". Als seien sie gerade erst in einem Katalog für den kleinen Hausgarten angeboten worden. Doch das Angebot gab es, zumindest für das drüsige Springkraut, bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, als es wegen seiner Blütenpracht aus dem Himalaja in die Gärten Mitteleuropas kam. Damals machte sich noch niemand Gedanken darüber, dass aus einer einzigen Samenkapsel der einjährigen Pflanze 4000 Samen springen und im darauffolgenden Jahr in unseren Breiten auch gute Chancen zum Wachsen haben. Man sprach nicht über Ökologie und Biodiversität. Optik war wichtig, und die Tatsache, dass man sich eine Pflanze aus Indien leisten konnte.

Heute aber haben sich die gnadenlos alles unter und neben sich wegdrückenden Zuzügler aus vielen Teilen der Welt so breit gemacht, dass für sie ebenso Pflegemaßnahmen gelten sollten wie etwa für Streuwiesen und Schilfflächen. Vielleicht ein wenig rigoroser. Zumal im Ampertal, wo die Flächen des rosa blühenden Springkrauts und der gelben Goldrute anscheinend immer größer werden. Im Landkreis Dachau hat man vor Jahren begonnen, bei Aktionstagen die Pflanzen an bestimmten Stellen auszureißen oder zumindest abzuschneiden. Und im Nachbarlandkreis Starnberg hat das Landratsamt in diesem Jahr dazu aufgerufen, die Neophyten-Vorkommen zu entfernen. Das stünde auch dem Brucker Landkreis gut an, der reich an Arten ist und damit jeden Grund hätte, die Vielfalt zu erhalten. Doch da scheint man so machtlos zu sein wie die Kleingärtner, die seit 40 Jahren einen aussichtslosen Kampf gegen die aus Südwesteuropa eingeschleppten Nacktschnecken führen. Stoppen wird man die invasiven Pflanzen nicht mehr, aber ihre grenzenlose Ausbreitung könnte gut verhindert werden.

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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