Kommentar:Völlig falsche Darstellung

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Wer mit einem arbeitenden afrikanischen Mädchen für Fairtrade-Handel wirbt, hat sich im Motiv vergriffen

Von Florian J. Haamann

Die Diskussion um das Fairtrade-Gemälde in Gröbenzell zeigt wunderbar, wie schnell aus "gut gemeint" "ziemlich dumm gelaufen" werden kann. Denn obwohl es unredlich wäre, der Künstlerin oder den Verantwortlichen von der Arbeitsgruppe Rassismus, die Euphemisierung von Kinderarbeit oder ähnliches vorzuwerfen, ist an dem Bild so viel falsch, dass man es eigentlich nicht guten Gewissens hängen lassen kann. Das beginnt damit, dass das Kind ja tatsächlich arbeitet - ganz ehrlich, welche Interpretation lässt das Motiv sonst zu? Denn auch wenn Fairtrade nicht grundsätzlich dagegen ist, wenn Kinder arbeiten (es wird zwischen arbeitenden Kindern und ausgebeuteten Kinderarbeitern unterschieden), gibt es Dutzende denkbare Motive, mit denen man den Gedanken von fair gehandeltem Kaffee besser - und vor allem ohne programmierte Konflikte - ausdrücken könnte.

Verstärkt wird das Problem dadurch, dass das Bild in seiner Ästhetik tatsächlich Stereotype bedient. Schon die Farbgebung ist historisch eher problematisch, wird der orange-gelbe Verlauf in verschiedenen Variationen doch schon seit der Zeit des Kolonialwarenhandels immer wieder gerne für Werbung für afrikanische Produkte verwendet. Aber selbst wer so etwas für Haarspalterei hält, kommt nicht daran vorbei, dass die Darstellung des Kindes sich stark an rassistischen Figuren wie dem sogenannten "Sarotti-Mohr" orientiert: Die großen Augen und prallen Lippen als herausstechende Merkmale, dazu das Kopftuch und die markanten Wangen.

Klar, die Künstlerin wird diese Darstellung gewählt haben, weil sie sie irgendwie niedlich findet, aber im öffentlichen Diskurs haben Motive eben, anders als in der privaten Kunstmappe, immer auch einen Kontext, in den sie eingeordnet werden können. Die Künstlerin darauf hinzuweisen, wäre spätestens die Aufgabe des Arbeitskreises gewesen, der sie engagiert und ihren Entwurf gekannt hat. Nicht nur, um die Künstlerin zu schützen, sondern auch um sicher zu stellen, dass sich eine mögliche Debatte nicht um die verunglückte Darstellung, sondern um Inhalt und Anliegen von Fairtrade dreht.

© SZ vom 05.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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