Kommentar:Verhängnisvolle Konfrontation

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Die Nachbarn einer in Gröbenzell geplanten Flüchtlingsunterkunft sind die Leidtragenden eines Zwists zwischen Gemeinde und Landkreis

Von Gerhard Eisenkolb

In bestimmten Vierteln von Gröbenzell zu wohnen, beispielsweise am Fasanenweg, wo das Landratsamt auf einem früher parkähnlichen Areal eine größere Flüchtlingsunterkunft plant, ist ein Privileg. Selbstverständlich sind auch den Menschen, die das Glück haben, in einem solchen Umfeld zu leben, Flüchtlinge in der Nachbarschaft zuzumuten. Schließlich gibt es keine besseren Menschen, sondern höchsten solche, die durch irgendwelche Umstände besser gestellt sind. Diese dürfen sich deshalb aber nicht aus der Verantwortung einer Gesellschaft für die Unterbringung von Asylbewerbern wegstehlen. Nur, und deshalb ist die konkrete Planung für den Fasanenweg anfechtbar, hat der Fall eine Vorgeschichte. Erst diese macht ihn zum Sonderfall, in dem auch der ansonsten souverän agierende Landrat Thomas Karmasin nicht gut abschneidet. Läge Gröbenzell nämlich nicht seit Längerem mit Karmasin wegen der Flüchtlingsunterbringung im Clinch, es hätte die Planung für den Fasanenweg nie gegeben.

In der Politik und im Verwaltungshandeln geht es auch immer um die Verhältnismäßigkeit. Und diese ist am Fasanenweg nicht gewahrt, wenn rücksichtslos und mit Macht versucht wird, 46 Wohncontainer mit einem Abstand von drei Metern zur Grundstücksgrenze in ein Wohngebiet zu quetschen. Solche planerischen Verrenkungen sind zudem völlig unnötig, weil die Gemeinde wiederholt mehrere Grundstücke angeboten hat, die für so viele Wohncontainer besser geeignet sind. Aber weil sich der Konflikt hochgeschaukelt hat und Bürgermeister Martin Schäfer und Karmasin nicht miteinander können, sollen Bürger, die es zufällig trifft, nun dafür büßen. Das ist falsch. Da sich die Flüchtlingssituation entspannt, ist es Zeit, den Konflikt nicht mehr weiter eskalieren zu lassen. Für den Fasanenweg könnte das bedeuten, wenn überhaupt, dann weniger Wohncontainer aufzustellen. Und für Gemeinde und Landratsamt: aufeinander zugehen und einen Konsens ausloten. An der Alternative, langen juristischen Auseinandersetzungen, kann niemandem gelegen sein.

© SZ vom 22.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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