Kommentar:Unredliche Kritik

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Germerings wachsendes Haushaltsdefizit ist einfach zu erklären: Die Stadt erfüllt nichts als Pflichtaufgaben

Von Karl-Wilhelm Götte

Lebt die Stadt Germering mittelfristig über ihre finanziellen Verhältnisse? Die Rechtsaufsichtsbehörde, das Brucker Landratsamt, tendiert zu Ja. Germerings Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) argumentiert dagegen zu Recht, dass die Stadt mit Schulbauten oder der Sanierung von Kinderhäusern lediglich ihre Pflichtaufgaben erfülle und "keine Spielereien" betreibe. Natürlich macht es Sinn, dass das Landratsamt als Rechtsaufsicht auf die Haushalte der Kommunen schaut, dass diese nicht aus dem Ruder laufen. Vorbild ist der Landkreis jedoch nicht, wenn es um ein solides Haushaltsmanagement geht. Jedenfalls lassen der Verschuldungsstand und die vom Kreistag beschlossene Kreditaufnahme aufhorchen. Doch auch dort schlagen Pflichtaufgaben wie der Bau und die Sanierung von Gymnasien oder Realschulen zu Buche.

Pflichtaufgaben, die die Bürger einfordern, damit ihre Kinder angemessen beschult werden. Um der Energiewende wenigstens einen Schritt näher zu kommen, ist auch der kostspielige Ausbau des ÖPNV richtig. Probleme schafft den Kommunen die Kreisumlage. Hier ist die Kritik an der Stadt Germering nicht nachvollziehbar. 2016 war dort ein Gewerbesteuer-Ausnahmejahr, das über 20 Millionen Euro mehr in die Kasse spülte als sonst. Kämmerer und OB mussten ihren Bürgern immer wieder erklären, dass von dem einmaligen Geldsegen mehr als die Hälfte nach Fürstenfeldbruck überwiesen werden muss. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte man einen neuen Anlauf mit dem Volksfest nehmen oder doch eine Sauna in den geplanten Umbau des Hallenbades integrieren können.

Germering vorzuwerfen, dass es die erhöhte Kreisumlage in diesem Jahr mit einem Kredit finanziert, geht ebenfalls fehl. Die Kommunen können sich mit zurzeit einmaligen Konditionen refinanzieren, sodass Darlehensaufnahmen für jeden Kämmerer nahezu zwingend sind. Stürzen die Steuereinnahmen bei einer schlechteren Wirtschaftslage mal ab, stehen vor allem freiwillige Leistungen zur Disposition. Stadthalle und Bäder laufen nicht unter Pflichtaufgaben, doch deren Existenz sind für eine Stadt mit mehr als 40 000 Einwohnern, weil sie hier zur Lebensqualität gehören, unverzichtbar geworden.

© SZ vom 15.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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