Kommentar:Trügerisches Sicherheitsgefühl

(Foto: SZ)

Der Effekt würde sich schnell abnützen. Autofahrer würden sich daran gewöhnen

Von Peter Bierl

Rot ist eine wunderbare Farbe, die Farbe der Liebe und der Revolution, eine Signalfarbe. Alle Radwege rot markieren, damit Autofahrer besser aufpassen, klingt erst mal gut. Bloß würde sich der Effekt schnell abnützen. Autofahrer, die schon jetzt Straßenverkehrsordnung und Markierungen ignorieren, würden sich daran gewöhnen. Das Sicherheitsgefühl wäre trügerisch. Die Signalfarbe sollte für Gefahrenstellen an Einmündungen und Kreuzungen reserviert bleiben, statt sie durch inflationären Gebrauch abzunutzen. Außerdem könnte eine Extra-Markierung rücksichtslose Radfahrer bestärken, auf Kosten von Fußgängern. Soll man als nächstes alle Gehwege grün anstreichen, einschließlich der Furten über Radwege und kombinierte Geh- und Radwege schraffieren? Die Misere besteht darin, dass Verkehrspolitik für Autos gemacht wird. Der Platz für Fußgänger und Radler ist viel zu knapp, was zu Konflikten zwischen diesen Gruppen führt. Notwendig sind Einschnitte in die freie Autofahrt freier Bürger. Wir brauchen mehr Radwege auf Kosten der Autostraßen und mehr Verkehrszonen, in denen alle gleichberechtigt sind, die stärkeren sich nach den schwächeren Verkehrsteilnehmern richten müssen. Statt den aktuellen Zustand bunt aufzuhübschen, muss eine Verkehrswende erkämpft werden. Der frühere Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist ja nicht der einzige Politiker, in dessen Adern Benzin und Diesel statt rotem Blut fließen.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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