Neonazi-Demonstration:Totschweigen ist keine Lösung

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Trotz kurzer Reaktionszeit haben etwa 80 Menschen gegen die Demonstration der rechtsradikalen Partei "Der Dritte Weg" protestiert. (Foto: Günther Reger)

Erich Raff und Thomas Karmasin erklären, dass sie Demonstrationen gegen Neonazis für kontraproduktiv halten - mit einer naiven Logik.

Von Florian J. Haamann

Gerade einmal drei Wochen ist es her, dass Erich Raff (CSU) mit seinem Führungsstil im Brucker Rathaus bei den anderen Parteien angeeckt ist. Damals ging es um einen Brief, den Raff, der den immer noch krank geschriebenen Klaus Pleil vertritt, in Sachen B-2-Verlegung an das Verkehrsministerium verschickt hat. Nun steht Raff wieder im Zentrum der Debatte: Weil er, offenbar bewusst, niemanden über die Versammlung der Neonazi-Partei "Der Dritte Weg" informiert hat. Sein Argument: Wäre die Veranstaltung bekannt geworden, hätte das den Nazis eine größere Bühne geboten. Ähnliches erklärt auch Landrat Thomas Karmasin bei Facebook. 100 Demonstranten fallen auf, eine Hand voll Nazis kaum, so die Logik - die freilich reichlich naiv anmutet.

Denn wenn eine Gruppe auffällig gekleideter Menschen mit großen Plakaten an einem Samstag mitten in der Brucker Innenstadt steht, dann fällt das natürlich sehr wohl auf. Noch dazu, weil die Demonstranten ja nicht still und in sich gekehrt rumstehen, sondern versuchen, ihr rassistisches Gedankengut unter die Passanten zu bringen. In der Vorstellung von Erich Raff und Thomas Karmasin ist es also ein besseres Szenario, die Nazis in Ruhe zu lassen, damit sie ihre Propaganda verbreiten können, als sich ihnen in den Weg zu stellen und ihnen zu zeigen, wie isoliert sie in der Gesellschaft mit ihrer Meinung sind. Wie gut diese Strategie - rechte Ausschweifungen totschweigen, kleinreden und als Spinnerei abtun - funktioniert, musste die deutsche Gesellschaft übrigens schon vor knapp 90 Jahren erfahren.

Nun dürfen die beiden CSU-Mandatsträger ruhig dieser Meinung sein. Genauso sollte beiden aber auch klar sein, dass ein großer Teil der Bevölkerung wohl anderer Meinung ist. Gerade Raff, der den BBV-Bürgermeister nur vertritt, hätte die Möglichkeit gehabt, mit ein wenig politischem Fingerspitzengefühl beides zu vereinen - indem er seinen Kollegen von der BBV, SPD und den Grünen einen Hinweis gibt, unter der Hand natürlich. Dann hätten die CSU-Politiker ihre Haltung bewahren, sich zurücklehnen und die Protest-Arbeit den engagierten Kräften überlassen können.

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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