Kommentar:Stiefkind Grundschule

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Die Schuldebatte hat sich viel zu lange nur für das Gymnasium interessiert. Nun benötigen Grund- und Mittelschulen rasche Hilfe

Von Gerhard Eisenkolb

Es rächt sich bitter, dass nur ein einziges Thema die bildungspolitische Schuldiskussion der vergangenen Jahre beherrschte. Das war der unsägliche Streit über das überstürzt und konzeptlos eingeführte achtjährige Gymnasium und die deshalb mit viel Nachdruck geforderte Rückkehr zum G 9. Da zudem sowieso schon das Hauptaugenmerk auf den weiterführenden Schulen liegt, konnten es sich Bildungspolitiker und das Schulministerium erlauben, das Stiefkind Grund- und Mittelschulen zu vernachlässigen. Der sich dort zuspitzende Lehrermangel ging deshalb in der Bildungsdebatte völlig unter. Es rächt sich nun, dass man sich viel zu lange nicht dafür interessiert hat, was dort passiert.

Schließlich ist es die Folge einer längeren Entwicklung und damit auch eine Folge von großen Versäumnissen, dass an Grund- und Mittelschulen inzwischen zum Schulalltag gehört, was eigentlich nicht sein dürfte. Dass dort inzwischen Studenten und Hilfskräfte Klassen unterrichten und auch schon mal Abiturienten eingesetzt werden, ist keine Notlösung, sondern eine Zumutung. Das entwertet die nicht weiterführenden Schulen und die Arbeit der dort tätigen Pädagogen mit einer abgeschlossenen qualifizierten Ausbildung. Die verheerenden Folgen dieser Fehlentwicklung müssen nun Schüler, Lehrer und Eltern noch für längere Zeit ausbaden.

Das Schlimme daran ist, dass sich außer einigen Lehrerfunktionären bisher kaum jemand über diese Zustände aufregt. Das ist erstaunlich, widerspricht das doch dem Image vom Bildungsmusterland Bayern zutiefst. Außerdem passt es nicht zu den Beteuerungen, wie wichtig eine solide, qualifizierte Schulausbildung ist. Denn eines ist offensichtlich: Wem an der Grundschule keine solide Grundlage vermittelt wird, der hat später auch am Gymnasium oder an der Realschule Probleme, dem Unterricht zu folgen.

Eines könnte helfen. Im nächsten Jahr sind Landtagswahlen. Das ist eine ideale Gelegenheit, alle Parteien dazu zu bringen, Farbe zu bekennen und zu erklären, wie sie die Grund- und Mittelschulen wieder so ausstatten wollen, dass diese ihre Aufgabe erfüllen können. Schließlich geht es hier um eines der wichtigsten Anliegen einer Gesellschaft: die Zukunft der Kinder.

© SZ vom 17.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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