Kommentar:Raus aus der Wiege

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Die Luftwaffe wird Fürstenfeldbruck verlassen. Auch wenn das noch ein bisschen dauert. Die Stadt sollte sich rasch darauf einstellen

Von Erich C. Setzwein

Niemand in Fürstenfeldbruck sollte auch nur einen Gedanken daran verschwenden, die Offizier-schule der Luftwaffe könnte im Fliegerhorst bleiben. Die längst getroffene Entscheidung wird im Bundesverteidigungsministerium sicher nicht mehr rückgängig gemacht. Auch nicht wegen der sicher Abermillionen Euro, die ein Neubau im fränkischen Roth kosten wird. Berlin will Fursty nicht mehr. So einfach ist das.

Wer die Bundeswehr und ihre Struktur verstehen will, muss nicht unbedingt "gedient" haben. Was vor 40 Jahren im Kalten Krieg galt, gilt in Zeiten asymmetrischer Kriegsführung und friedenssichernder Missionen nicht mehr. Die Armee wurde in der Hoffnung verkleinert, dass durch ein Zusammenwachsen europäischer Staaten und strategischer Bündnisse Krieg in Mitteleuropa obsolet sein müsste. Truppenstärken wurden zurückgefahren, ein Flugzeug- und Panzermodell nach dem anderen ausgemustert. In diese Friede-Freude-Eierkuchen-Zeit fiel auch die Auflösung der 1. Luftwaffendivision, die ihr Hauptquartier in Fürstenfeldbruck hatte, und es wurde entschieden, die Ausbildung der Offiziere an einen anderen Standort zu verlegen. Solche Versetzungen und Verlegungen sind immanent im Bundeswehr-System, jeder Berufssoldat macht in seiner Armee-Karriere etliche mit.

Die Entscheidung für den Umzug nach Roth bedeutet für die Brucker Verwaltung ja auch Planungssicherheit. Statt den Zeiten der Frauen und Männer in Flecktarn und Luftwaffenblau nachzutrauern, sollten alle Verantwortlichen nun ihre Gedanken darauf konzentrieren, dass im Norden der Stadt ein neues Viertel entstehen soll. Es wird bei der möglichen Bewältigung von Altlasten bis hin zum Erhalt denkmalgeschützter Immobilien noch genug Erinnerung an die Bundeswehr geben.

Die Offizierschule der Luftwaffe ist in den vergangenen sechs Jahrzehnten nun wirklich erwachsen geworden. Sie ist alt genug, endlich umziehen zu dürfen. Sie braucht die "Wiege der Luftwaffe" nicht mehr.

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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