Kommentar:Problematische Zentralisierung

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Der weitere Ausbau der Erstaufnahme am Fliegerhorst birgt die Gefahr, dass dort ein Getto entsteht

Von Stefan Salger

Fürstenfeldbruck gibt allen Asylbewerbern das Gefühl, willkommen zu sein. Das ist gut so, kann aber nicht über die grundsätzliche Problematik hinwegtäuschen, wenn sehr viele Menschen aus sehr vielen Kulturen mit sehr vielen unterschiedlichen Gewohnheiten in Massenunterkünften wie jener auf dem Fliegerhorst untergebracht werden. Weil der Bund sich vor einem Jahr bereit erklärt hat, Fliegerhorste und Kasernen unkompliziert für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen, kann man es der zuständigen Regierung von Oberbayern kaum verdenken, dass auch sie nun die günstige Gelegenheit nutzen will.

In Fürstenfeldbruck aber deutet sich nun an, dass der Bogen überspannt werden könnte. Die Einrichtung am Rande des Militärareals im Brucker Nordosten wird ohnehin bereits auf 1600 Personen erweitert. Nun sollen weitere 300 Asylbewerber untergebracht werden. Fehlt nur noch, dass auch die Pläne für eine "Kurzzeit-Verweileinrichtung" für bis zu 2000 Flüchtlinge im Nordwesten des Areals aus der Schublade geholt werden, dann wären es fast 4000 Menschen. Eine solche Zentralisierung ist eine Sackgasse und schafft ein Ghetto - als Nährboden für Konflikte, auf dem die Integration deutlich erschwert wird. Dezentrale, über den Landkreis verteilte Einrichtungen müssen erste Wahl bleiben.

Für die Kreisstadt wird die Entwicklung zum "Asylzentrum Fliegerhorst" aus einem weiteren Grund zum Problem: Sie gefährdet das ehrgeizige Jahrhundertprojekt der zivilen Umnutzung für das gesamte Militärareal im Nordosten der Kreisstadt. Nach dem für 2020 angekündigten Abzug der Offiziersschule als letzter Einrichtung der Luftwaffe soll dort, quasi am Reißbrett, ein völlig neuer Stadtteil entstehen. Voraussetzung dafür ist aber, dass sowohl die Erstaufnahmestelle als auch weitere Flüchtlingsunterkünfte bis dahin entweder überflüssig oder durch andere Unterkünfte ersetzt worden sind.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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