Kommentar:Papiertiger ohne Gewähr

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Trotz anderer Zusagen bleibt die Brucker Polizei unterbesetzt. Von der Politik fühlt sie sich allein gelassen, ebenso wie der Bürger

Von Stefan Salger

Fragt man bei der Brucker Polizei anlässlich bevorstehender Events wie den meist ausartenden Feiern auf dem Marktplatz nach erfolgreichen EM- oder WM-Spielen oder während des Volksfests nach, wie viele Beamte gerade Dienst schieben, erhält man ausweichende Antworten. Die paar Frauen und Männer in Uniform, die für den halben Landkreis zuständig sind, halten sich bedeckt, um nicht die falschen Leute aufs Defizit aufmerksam zu machen. Sie mögen die richtigen Ansprechpartner sein, wenn es um die Aufnahme von Unfällen oder Anzeigen geht, vor allem aber um den Kernbereich: den Schutz der Bürger vor Einbrechern, Dieben, Gewalttätern und anderen Kriminellen. Gleichzeitig stattfinden sollten Straftaten aber lieber nicht. Denn hier ist die Lage offenbar noch schlimmer als in Gröbenzell, Olching und Germering. Für mehr als zwei Streifenwagenbesatzungen reicht es nicht, alles wird nach "Prioritäten" abgearbeitet. Jeder dritte eigentlich erforderliche Beamte fehlt. So ist das seit Jahren. Und weil sich dies nur mit Überstunden oder Sonderschichten auffangen lässt, ist die Stimmung in der Inspektion entsprechend angespannt.

Die Politik scheitert bislang an der überfälligen Therapie. Auf dem Papier wird flugs die Sollstärke nach oben korrigiert, um die Gemüter mit Blick auf zusätzliche Aufgaben in der Terrorbekämpfung oder auch auf die steigenden Einsatzzahlen rund um die Asyl-Unterkünfte zu beruhigen. Erfahrene Polizisten kennen die Zahlenspiele. Ihnen schwant, dass sich das für März versprochene Plus um vier Beamte erneut als Papiertiger entpuppen könnte. Auch deshalb, weil die geplante bayernweite Personalaufstockung nicht von heute auf morgen funktionieren wird. Die Landesregierung hat es jahrelang versäumt, mehr junge Menschen für die Ausbildung zu gewinnen. Der Bürger zahlt am Ende die Zeche, weil er sich allein gelassen fühlt und er den "Freund und Helfer" nur noch persönlich kennen lernt, wenn es um einen Fall höchster Priorität geht oder er sehr geduldig ist.

© SZ vom 12.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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