Kommentar:Nur neue Technik hilft nicht

Lesezeit: 2 min

Um die Verkehrsprobleme zu lösen, reichen Drohnen nicht. Auch die Politik muss eingreifen, beispielsweise durch Veränderungen im Städtebau

Von Ingrid Hügenell

Wer in Grafrath, Fürstenfeldbruck oder Maisach lebt und in München arbeitet, weiß, dass es ein Verkehrsproblem gibt. Denn er oder sie steht häufig im Stau oder ärgert sich über schlecht funktionierende S-Bahnen und volle Busse. Zudem stammt ein Fünftel der Treibhausgase, die in Deutschland freigesetzt werden, aus dem Verkehr. Es ist also klar, dass etwas geschehen muss. Neue Technik alleine, wie sie beim Themenabend mit der Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler vor allem diskutiert wurde, wird die Probleme jedoch nicht lösen. Hermann Seiferts Vorschlag, Angebote des öffentlichen Nahverkehrs zu verknüpfen mit Carsharing- und Leihrad-Modellen ist ein sehr richtiger Gedanke, der, wenn er umgesetzt wird, viel dazu beitragen kann, dass mehr Menschen öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Die müssten freilich entsprechend ertüchtigt werden.

Doch die Ursachen des zunehmenden Verkehrs liegen anderswo, und man muss tiefer gehen, um sie zu lösen. Wohnen, Arbeit, Freizeit und die Versorgung mit allem, was man so braucht, können allzu oft nicht mehr im Umfeld des eigenen Wohnorts erledigt werden. Arbeitsplätze finden sich vor allem in den Ballungsräumen, Einkaufsmärkte auf der grünen Wiese. Das ist nicht nur ein Problem, weil dabei Flächen versiegelt werden, sondern auch, weil dorthin mit dem Auto gefahren wird. Und am Sonntag setzen wir uns wieder ins Auto und machen zur Erholung einen Ausflug an den See oder in die Berge, wo wir keinen Parkplatz finden und spätestens auf dem Rückweg erneut im Stau stehen.

Hier ist zum einen die Politik gefordert: Es braucht mehr Innenverdichtung und eine Strukturpolitik, die Ballungsräume wie München entlastet und den ländlichen Raum stärkt. Denn die Frage, die der Vertreter von MAN, Felix Kybart, gestellt hat, ist ja richtig: Warum kann nicht alles wieder näher beisammen sein? Zum anderen muss sich jeder immer wieder fragen, ob wirklich jede Fahrt mit dem Auto nötig ist.

Und die Elektromobilität? Ja, E-Fahrzeuge tragen lokal zur Luftreinhaltung bei. Aber: Bei ihrer Herstellung wird viel Energie verbraucht und viele Batteriebestandteile sind problematisch. Und solange der größte Teil des Stroms nicht regenerativ erzeugt wird, fallen Schadstoffe und Treibhausgase halt anderswo an. Im Stau kann man mit einem Elektro-Auto genauso stehen und parken muss man es natürlich auch irgendwo. Damit strombetriebene Fahrzeuge wirklich einen Beitrag zur Klimarettung leisten können, muss die Energiewende weiter vorangetrieben werden. Stadtwerke und kommunale Energieversorger im Landkreis bemühen sich schon nach Kräften. Sie brauchen die Unterstützung der Politik durch klare Vorgaben. Vielleicht könnte die Wahlkreisabgeordnete Katrin Staffler dieses Thema in einer ihrer nächsten Veranstaltungen diskutieren.

© SZ vom 22.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: