Kommentar:Mehr Lohn für wichtige Arbeit

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Die anstrengende und anspruchsvolle Tätigkeit der Erzieher wird einfach zu schlecht bezahlt

Von Peter Bierl

Die Einrichtung von Kindergärten und Krippen galt Konservativen bis zum Mauerfall als sozialistisches Teufelswerk, als Zersetzung der Familie, der Keimzelle von Staat und Gesellschaft. Nicht lange nach der Wende zeigte sich, dass immer mehr Frauen einer Lohnarbeit nachgehen wollen und müssen und die Nachfrage der Wirtschaft nach der Ware Arbeitskraft anders schwer zu befriedigen ist. Bloß fehlten die Kindertagesstätten. Seitdem haben die Kommunen in Westdeutschland und selbst in Bayern viel Geld für den Bau von Kindergärten und Krippen ausgegeben. Viele Kinderhäuser wurden regelrecht aus dem Boden gestampft. So wie die Stadt Puchheim, die ihr Engagement längst und zu Recht als Markenzeichen betrachtet. Im Haushalt sind die Summen für Neubauten, Unterhalt und Betrieb einer der ganz großen Posten.

Nun tut sich ein neues Problem auf. Es fehlt an qualifiziertem Personal. Die Kapazitäten in Gestalt von Gebäuden stehen bereit, aber es gibt zu wenige Erzieher, um den Nachwuchs zu betreuen. Puchheim ist kein Einzelfall, das Problem haben viele Kommunen. Dabei ist diese Entwicklung seit Jahren absehbar, und die Ursache für den Mangel liegt auf der Hand: Für eine anspruchsvolle, qualifizierte und anstrengende Arbeit wird zu schlecht bezahlt. Wer am Monatsende im Schnitt etwa 1600 Euro netto kriegt, kommt damit im Großraum München, mit seinen horrenden Mieten kaum über die Runden. Ziemlich typisch ist, dass vor allem Frauen diese schlecht bezahlten Jobs machen. Das Patriarchat ist in Deutschland im 21. Jahrhundert noch längst nicht überwunden.

Die Kommunen sind daran mit- schuld. Sie sind die Arbeitgeber. Wenn Erzieherinnen und Pflegerinnen streiken, sitzen ihnen die kommunalen Verbände bei den Tarifverhandlungen gegenüber. Es liegt also an den Bürgern, Druck auf Kommunalpolitiker zu machen, Streiks für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne zu unterstützen. Gemeinde- und Stadträte sowie Bürgermeister sind aufgefordert, auf die kommunalen Spitzenverbände einzuwirken, damit deutlich höhere Tariflöhne festgelegt werden.

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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