Kommentar:Machtlose Gemeinde

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Die Kommunalpolitiker aus Grafrath machen sich wegen einer Kiesgrube Sorgen um die Natur, bewegen können sie aber wenig

Von Manfred Amann

Natur- und Landschaftsschutz ziehen in Grafrath gegen eine kommerzielle Nutzung mit Flächenzerstörung den Kürzeren. Grund dafür ist die Rechtslage, genau genommen die Privilegierung, die den Raubbau an der Natur zulässt, wenn der Antragsteller nachweisen kann, dass das Vorhaben im Außenbereich zur Bestandserhaltung oder zur Entwicklung seines Anwesens unabdingbar ist. Dass sich Bürgermeister Markus Kennerknecht und Gemeinderäte darüber ärgern, dass das Landratsamt ihre Ablehnung des Projekts kassiert hat und das Gericht den Kiesabbau auch für rechtens hält, ist verständlich, denn es beweist wieder einmal die "Machtlosigkeit" von Kommunen in solch prekären Fällen. Die Frage, inwieweit die Gemeinde durch das Eingreifen des Landratsamtes in ihrer Planungshoheit eingeschränkt wird, wird zwar mit Hinweisen beantwortet, dass das öffentliche Interesse kaum berührt werde, zufriedenstellend ist dies aber nicht.

Bürgermeister und Gemeinderat machen sich Sorgen, dass die schöne Umgebung zerstört wird, dass seltene Vögel eventuell ihre Nistplätze verlieren, dass das kiesreiche Gelände noch mehr zu einer Mondlandschaft wird und Kieslaster die Straßen kaputt fahren. Das einzige was die Genehmigungsbehörde und das Gericht dagegen halten, ist die Forderung, die Kiesgrube zu rekultivieren und mit einem Mischwald wieder aufzuforsten. Doch wer kontrolliert, ob in zehn Jahren der Kiesabbau beendet oder verlängert wird. Wer passt auf, dass die Wiederverfüllung der Kiesgrube, die Rekultivierung des Bodens und die Wiederaufforstung möglichst zügig erfolgen, damit es tatsächlich bei einem temporären Eingriff bleibt. Und wer kann heute mit Sicherheit sagen, dass seltene Vögel danach auch wieder zurückkehren.

Eine Frage sei überdies erlaubt: Wo blieb im Zuge der Ablehnung des Kiesabbaus der bei kleineren Fällen in der Landwirtschaft oft zu hörende Aufschrei der Naturschützer ob des Landschaftsfrevels? An der Rechtssituation und damit an der Entscheidung des Landratsamtes hätte dies wohl nichts geändert, aber es hätte hellhörig gemacht und der Gemeinde Grafrath zumindest das Gefühl gegeben, mit der Ablehnung nicht alleine dazustehen.

© SZ vom 09.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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