Kommentar:Lobenswert unbürokratisch

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Ein Plädoyer für einen weitern Stolperstein als Mittel der Erinnerung an Nazi-Opfer

Von Ariane Lindenbach

An diesem Mittwochvormittag wird der dritte Stolperstein im Landkreis verlegt. Wie auch bei den beiden zuvor in Gröbenzell und Schöngeising soll auch dieser an das Unrecht erinnern, das die Naziherrschaft begangen hat. Zugegeben, es gibt das Totschlag-Argument gegen diese Art der Gedenkkultur. Als prominenteste Kritikerin, deren Stimme als Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern obendrein gewaltiges Gewicht hat, ist Charlotte Knobloch dagegen, durch die Stolpersteine an die Opfer des Dritten Reiches zu erinnern. Auf diese Weise würde das Ansehen der Opfer nachträglich mit Füßen getreten, sagt sie.

Diese Argumentation muss man respektieren; in gewisser Weise ist sie auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Auf der anderen Seite steht jedoch eine Vielzahl von weiteren Opfern der Nazi-Diktatur, die diese Form der Erinnerung begrüßen. Abgesehen von unzähligen Beispielen aus diversen Bereichen - als bekanntestes sei der Walk of Fame in Hollywood genannt - die die Ablehnung der Stolpersteine ins Paradoxe führen, gilt es noch einen weiteren Punkt zu Bedenken: den Faktor Zeit. Die schrecklichen Verbrechen, die während des Zweiten Weltkriegs begangen wurden, liegen schon mehr als 70 Jahre zurück. Es dauert nicht mehr so lange, bis die letzten Zeitzeugen verstorben sind. Darum wird es umso wichtiger, dem Vergessen entgegenzuwirken - auch mit einem Stolperstein. Denn jeder Stein, über den man stolpert, um sich eines Unrechts und eines Opfers zu erinnern, ist besser als das Vergessen.

Darum ist es lobenswert, wie unbürokratisch der Grafrather Bürgermeister Markus Kennerknecht Simone Schmids Anfrage behandelte: Einen Gemeinderatsbeschluss brauche es nicht, die Zustimmung seiner beiden Kollegen aus der Verwaltungsgemeinschaft genüge. Damit hat Kennerknecht ganz klar signalisiert: Wir wollen etwas tun gegen das Vergessen. Und das ist so wichtig, dass man darüber nicht diskutieren muss.

© SZ vom 27.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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