Kommentar:Lippenbekenntnisse genügen nicht

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Der Umgang mit der Bahnhofsgaststätte in Gröbenzell zeigt, in der Gemeinde fehlt es an Verantwortung für das bauliche Erbe

Von Gerhard Eisenkolb

Dass der Verkauf der Bahnhofsgaststätte "Hexe" den Gröbenzeller Gemeinderat nun unter Zugzwang setzt, hat das Gremium selbst verschuldet. Nach der Rettung des für die Ortsgeschichte wichtigen Gebäudes durch den Protest einer Bürgerinitiative ist 25 Jahre lang, außer unverbindlichen Willensbekundungen, nichts geschehen. Dazu kommt, was noch viel schlimmer ist: Die Gemeinde hat mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes sogar die Voraussetzung dafür geschaffen, dass das bedrohte Objekt für Bauträger zu einer gewinnbringenden Investition werden konnte. In einem solchen Planspiel ist ein Abriss in der Regel ja weitaus lukrativer als eine aufwendige Sanierung des Baubestands.

Die Erarbeitung eines Bebauungsplans wäre der richtige Zeitpunkt gewesen, Vorsorge zum Erhalt des letzten Rests des die Ortsmitte prägenden Anwesens zu treffen. Laut Einschätzung des Denkmalamts war ja schon vorher mit dem Abriss des Saales und infolge von Umbauten des Rests, die Denkmalschutzwürdigkeit verspielt worden - abgesehen davon, dass das Gebäude auch verlotterte. Ein solcher Umgang mit dem erhaltenswerten Gebäude ist kein Zufall. Gröbenzell gibt sich einerseits zwar die Attitüde einer grünen, lebenswerten Gartengemeinde. Andererseits ist die junge Gemeinde noch zu sehr von einem eigentlich sympathischen Pioniergeist geprägt, der einen unbändigen Bauboom nach sich zieht. Angesichts der Bauwut und des Expansionsdrangs wird geflissentlich übersehen, dass ein solcher Gestaltungswille auch Opfer fordert.

So lange sich diese Einstellung nicht ändert, so lange auch in der Bauverwaltung nicht mehr Achtsamkeit für das Ererbte entwickelt wird, so lange werden sich Erfahrungen wie die mit der Bahnhofsgaststätte wiederholen. Aus den Folgen des Verkaufs des Anwesens muss die Lehre gezogen werden, dass es nicht genügt, ein Denkmal für wertvoll zu halten, wenn man daraus aus Bequemlichkeit und aus Rücksicht auf die Eigentümer keine Konsequenzen zieht. Beugt sich ein für ein Gemeinwesen zuständiger Gemeinderat zu sehr dem Druck von Spekulanten, dann entzieht er sich seiner Verantwortung.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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