Kommentar:Legal und dennoch falsch

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Dass jeder an sensible Meldedaten herankommt, könnte Thema im Bundestagswahlkampf werden

Von Peter Bierl

Viele haben Angst, weil Computer, Internet und soziale Medien ungeahnte Möglichkeiten der Manipulation und Überwachung bieten. Durchaus zurecht, allerdings ist (noch) niemand verpflichtet, in den Weiten des virtuellen Raums die Hosen runterzulassen. Wer dort persönliche Angaben öffentlich macht, muss mit den Konsequenzen leben. Anders verhält es sich mit den Daten der Meldebehörden. Jeder ist verpflichtet, sich an seinem Hauptwohnort anzumelden, andernfalls droht ein Bußgeld.

Einen schwungvollen Handel dürfen die Kommunen mit diesen Angaben nicht aufziehen. Aber nicht nur Parteien und Kandidaten wie aktuell im Brucker OB-Wahlkampf, sondern auch Einzelpersonen und Firmen können in begrenztem Umfang bestimmte Informationen über manche Leute kriegen. Es gibt Firmen, die sich im Auftrag ihrer Kunden in Rathäusern erkundigen, etwa um herauszufinden, wer wohin umgezogen ist. Die Kommunen sind zur Herausgabe von sensiblen Daten wie Namen und Adressen verpflichtet, sofern sich alle an die Bestimmungen des Bundesmeldegesetzes halten.

Es ist also alles ganz legal, aber gut ist es nicht. In Großbritannien gibt es kein Melderecht, vor einigen Jahren scheiterte ein Versuch, weil viele Bürger darin ein potenzielles Werkzeug in den Händen autoritärer Herrscher sahen. In Deutschland hingegen ist jeder gezwungen, Daten bei einer staatlichen Stelle abzugeben, hat aber keine Kontrolle darüber, dass einige Angaben an Dritte weitergegeben werden können. Damit ist dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Man kann sich üble Szenarien ausmalen, etwa dass die NPD die Namen und Adressen aller Jungwähler abgreift. Es geht aber nicht nur um bestimmte Gruppen und Nachfrager. Jeder hat ein Recht darauf, dass seine Meldedaten ausschließlich ihrem eigentlichen Zweck dienen und nicht anderweitigen politischen und kommerziellen Interessen. Der Bundestagswahlkampf bietet Gelegenheit, Kandidaten mit diesem Thema zu konfrontieren.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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