Kommentar kontra Baugesetzbuch:Weniger Lärm muss das Ziel sein

Das Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten im Gewerbegebiet wird zu Konflikten führen und ist deshalb abzulehnen

Von Andreas Ostermeier

Das Nebeneinander von Wohnungen und Gewerbebetrieben ist Quelle vieler Streitigkeiten. Anlieferungen in den Morgenstunden, feiernde Gäste im Biergarten oder das Türenschlagen abfahrender Besucher eines Kinos: Anwohner sind schnell genervt, wenn es um Lärm geht. Sie fühlen sich eingeschränkt in der Nutzung von Garten oder Balkon oder um ihre Nachtruhe gebracht. Gewerbebetriebe machen oft Lärm, den Anwohner nicht akzeptieren wollen. Die Zahl der Rechtsstreitigkeiten aus solchen Gründen ist Legion. Oftmals behindert die Angst vor Lärm schon im Voraus den Bau eines Supermarktes. Dann werden Unterschriften gesammelt oder Klagen eingereicht. Lokalpolitiker haben deshalb über Jahre hinweg versucht, das Wohnen vom Arbeiten zu trennen.

Durch das Baugesetz soll das Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten wieder forciert werden. Das ist ein Fehler. Denn der Konflikt zwischen dem Bedürfnis nach Ruhe in den eigenen vier Wänden und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten von Betrieben wird sich in den Städten und Gemeinden, in denen die Einwohner auch wegen des Zuzugs enger beieinander wohnen, nicht abmildern, sondern verstärken. Die Toleranz in Sachen Lärm nimmt ab, auch wegen der Alterung der Gesellschaft.

Aus der Medizin ist bekannt, dass Lärm krank macht. Damit es in Städten und Gemeinden leiser wird, werden vielerorts und für viel Geld Straßen verkehrsberuhigt oder unter die Erde verlegt. Nun soll - per Gesetz - der Nachbar wieder lauter werden dürfen. Durchdacht ist das nicht. Stadtplanung muss auch das Ruhebedürfnis von Einwohnern berücksichtigen, sie darf Konflikte zwischen Nachbarn nicht anheizen, auch nicht aus Gründen eines zunehmenden Siedlungsdrucks.

© SZ vom 21.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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