Kommentar:Keine Bühne für Vorurteile

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Warum der geplante Auftritt von Lisa Eckhart in Fürstenfeldbruck zu Recht eine politische Diskussion ausgelöst hat

Von Peter Bierl

Es ist nicht verkehrt, wenn sich der Stadtrat von Fürstenfeldbruck aus der Programmgestaltung des Veranstaltungsforums heraushält. Es sollte keine politischen Vorgaben geben, keine Zensur stattfinden, die immer auch abhängig wäre von den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen. Als politisch denkende Menschen sind Stadträte, aber auch andere Bürger jedoch aufgefordert, Stellung zu beziehen zu einer Veranstaltung mit ebenso politischem wie zweifelhaftem Charakter im Format des Kabaretts und präsentiert als Satire.

Denn was Lisa Eckhart abliefert, ist zwar teilweise recht belanglos und trivial, auf dem Niveau von Herrenwitz und Schenkelklopfen. Das wäre nicht der Rede wert, denn damit verdienen auch andere Kabarettisten ihren Lebensunterhalt. Es gibt beileibe schmutzigere Geschäfte und über Geschmack lässt sich streiten. Problematisch ist, dass ihre Pointen oft auf Gruppen von Menschen zielen, die real diskriminiert, misshandelt und ausgegrenzt, wenn nicht gar verfolgt und ermordet werden. Klar kann sich Eckhart über Gendersternchen und Political Correctness mokieren wie nur irgendeine Stimme aus der AfD. Aber wem nichts besseres einfällt, als darüber zu blödeln, dass Frauen sich dank Quote angeblich nicht mehr nach oben schlafen müssen, in einer Welt, in der Frauen schlechter bezahlt und beim Zugang in höhere Positionen benachteiligt werden, sexueller Nötigung und Missbrauch, Vergewaltigung und Femizid ausgesetzt sind, braucht nicht wehleidig über Cancel Culture jammern, wenn er oder sie mal den Stuhl vor die Tür gestellt bekommt. Und wer Witzchen reißt, die treffsicher Klischees aus dem Arsenal des Antisemitismus über "die" Juden als Kollektiv aufrufen, ohne die Ressentiments unzweideutig zu brechen, muss sich fragen lassen, wes Geistes Kind er oder sie ist.

Und das Veranstaltungsforum könnte reflektieren, wem man eine Bühne bietet? Vor allem in Zeiten, in denen Leute durch die Straßen ziehen, mal als Mob, mal im Neohippie-Style, die meinen, die Corona-Pandemie sei von George Soros oder Bill Gates erfunden, und eine Sekte Zuspruch findet, die verbreitet, eine "globalistische Elite" würde Kinder entführen und schlachten, was an die antisemitische Ritualmordlegende erinnert.

© SZ vom 28.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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