Kommentar:Kein Vertrauen in die Politiker

Der Puchheimer Stadtrat ist mit seinem Geothermie-Projekt nicht nur an der Angst vor Erdbeben gescheitert

Von Peter Bierl

Der allererste Bürgerentscheid in Bayern über Geothermie endet mit einer ganz großen Klatsche für die Befürworter. Ein formidables Parteienbündnis aus CSU, Grünen, SPD und Unabhängigen konnte in Puchheim nur etwa 1 800 Bürger, mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen, aber weniger als 15 Prozent aller Wähler gewinnen. Klar hatten es die Gegner einfacher: Wer bangt, dass sein Haus bei einem Erdbeben Schaden nimmt, ist leicht zu mobilisieren, auch wenn die Wahrscheinlichkeit wohl eher gering ist.

Ein Restrisiko mochte aber keiner der wissenschaftlichen Experten, die für diese Technik warben, ausschließen. Unterm Strich blieb bei vielen Bürgern nach der monatelangen Debatte der Eindruck hängen, sollte tatsächlich irgendwann etwas passieren, würden sie auf dem Schaden sitzenbleiben. Gegen dieses Misstrauen kamen Bürgermeister und Stadtratsmehrheit nicht an. Und darin drückt sich auch ein grundsätzliches Problem aus, ein allgemeiner Vertrauensverlust, der weit über den Anlass und den Ort hinausgeht, Stichwort Abgasskandal. Außerdem haben sich die Befürworter ein Glaubwürdigkeitsproblem eingebrockt, mit einer Bürgerversammlung mit einseitig besetztem Podium und ohne Rederecht für die Bürger und mit einer Kampagne, in der Geothermie als Klimaschutz verkauft wurde, obwohl die konkrete Ökobilanz in Puchheim äußerst ungewiss ist. Und Fernwärme bedeutet gerade für die ärmeren Bürger in den alten Häusern im Planie-Viertel hohe Preise.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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