Kommentar:Im Sog des Abstiegs

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Die SPD ist bei der Landtagswahl abgestürzt und sucht nach Wegen aus der Krise

Von Peter Bierl

Die Landtagswahl markiert einen historischen Einbruch der großen Parteien in beiden Fürstenfeldbrucker Stimmkreisen. Von zusammen mehr als 153 000 Wählern haben nur etwa ein Drittel CSU und SPD gewählt. Berücksichtigt man Nicht-Wähler und Migranten ohne Staatsangehörigkeit, hat die CSU gerade mal Rückhalt bei etwa einem Viertel der Gesamtbevölkerung. Die SPD nähert sich der Fünf-Prozent-Hürde. In der CSU macht man sich nun Gedanken, wie man ganze Wählergruppen wieder erreichen kann, einerseits junge Leute und Frauen, andererseits den rechten Rand. Das dürfte ein Spagat werden. Landrat Thomas Karmasin hat sich mit flotten Sprüchen als rechtskonservativ postiert, das soziale Profil ist bescheiden, die groß verkündete Energiewende gescheitert.

Für die SPD wird es noch schwieriger, derzeit ist nicht einmal ein Bewerber um das Amt des Landrats in Sicht. Die Kommunalwahlen der vergangenen Jahrzehnte waren schon desaströs. Als die SPD weiland in Bruck, Germering, Puchheim, Eichenau, Maisach und Moorenweis die Rathäuser regierte, sprach Peter Falk, heute Vorsitzender des Kreistagsfraktion, von der strukturellen Mehrheitspartei. Geblieben sind Bürgermeister in Puchheim und Olching, bei den jüngsten Bürgermeisterwahlen in Bruck, Gröbenzell oder Eichenau kamen SPD-Kandidaten nicht einmal in die Stichwahl.

Im Bereich des Umweltschutzes oder der Mobilität hat sich die SPD nicht groß hervorgetan. Sozialdemokraten haben für Mietspiegel und eine Wohnungsbaugesellschaft gekämpft, was ehrenwert ist, aber nicht die Gesetze des Marktes aufhebt. Die Nachfrage ist groß, Boden knapp und teuer und Baufirmen können angesichts des Booms fast alles verlangen. Wirklich günstigen Wohnraum könnte es nur mit hohen öffentlichen Subventionen geben.

An der miserablen Gesamtlage sind örtliche Genossen nicht unschuldig. Man erinnere sich, wie seinerzeit in der Debatte um Hartz IV etwa in der Hochburg Puchheim alte Gewerkschafter von jungen Verfechtern der Schröderschen "Neuen Mitte" abgebürstet wurden. Eine soziologische Mitte aus Akademikern, Studienräten, Ingenieuren und Beamten prägt längst den Funktionärskader der SPD.

Ein Austausch des Führungspersonals von CSU und SPD im Landkreis wäre keine Lösung und auch nicht angemessen. Denn die lokalen Parteisoldaten stemmen sich gegen eine Legitimationskrise, die oberflächlich als Politikverdrossenheit abgetan wurde und gesellschaftliche Veränderungen und Verwerfungen widerspiegelt. Das heißt aber auch, dass die Vertreter vor Ort nicht mehr Vertrauen genießen als ihre jeweilige Gesamtpartei.

© SZ vom 10.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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