Kommentar:Hunger nach Probierhäppchen

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Warum man beim Foodtruck-Festival zu schnell satt wird

Von Julius Nindl

Wer sich im Rahmen eines Streetfood-Festivals auf eine kulinarische Weltreise begibt, verlässt sich dabei ganz auf die Urinstinkte seiner menschlichen Natur. Nicht nur Christoph Kolumbus machte sich einst auf, um in unbekannte Territorien vorzudringen, schon von Kindesalter an schlummert ein Entdeckergen in uns. Ob der spanische Seefahrer auch die Nutzpflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse nach Europa importierte, ist bis heute noch unklar. Fest steht, nicht zuletzt die aufstrebende Fastfoodszene bedient sich der variierenden Zubereitungsmöglichkeiten der Kartoffel. Ketchup mit Pommes ist wahrscheinlich immer noch eine der simpelsten und zugleich beliebtesten Kartoffelgerichte, die sich ärmelzerrende Kinder auf dem Jahrmarkt wünschen.

Schreitet die pubertäre Entwicklung voran, so nimmt auch die Relevanz für die anderen Gerüche auf einer kulinarischen Veranstaltung zu. Food-Festivals oder Foodmarkets sind die gängigen neomodernen Anglizismen für kollektives Schlemmen. Wer angeleitet durch seine olfaktorische und visuelle Wahrnehmung hier eintauchen will, braucht viel Geld oder sehr viel Hunger. Probiergerechte Häppchen findet man vergebens auf solch einer hippen Veranstaltung, wie sie in Fürstenfeldbruck Premiere feierte. Auch dort: Lange Schlangen vor den Verkaufsständen demotivieren zusätzlich, mehrere Gerichte zu probieren. In großen Supermarktketten findet man das handliche Verzehrangebot, das kostenlose Verkosten und nicht zuletzt die menschliche Neugierde treiben die Kunden an die Stände. Gerade bei Festivals wie in Bruck, bei denen das Hauptaugenmerk auf dem Verzehr liegt, sollte auch den Veranstaltern daran gelegen sein, dass die Besucher möglichst viele Runden drehen. Eine schnelle Mahlzeit auf die Hand kann man auch bei der nächsten Imbissbude kaufen. Probieren geht ja bekanntlich über studieren - vielleicht wäre das ein Ansatz für die Initiatoren, um den vor den Speisekarten stehenden Besuchern die Entscheidungsfindung abzunehmen.

© SZ vom 21.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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