Kommentar:Humanität und Weitblick

Lesezeit: 1 min

Die Tafeln im Landkreis machen zu Recht keinen Unterschied zwischen Flüchtlingen und anderen Bedürftigen

Von Ariane Lindenbach

Er hat längst angefangen, der erbärmliche Kampf, bei dem Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger gegen Flüchtlinge ausgespielt werden. So wie unlängst bei den Tafeln in Dachau, die sich entgegen der Richtlinien des Bundesverbandes weigern, Asylsuchende ebenso mit Lebensmitteln zu versorgen. Das Bemerkenswerte ist nicht die Weigerung als solche. Die hat man erwarten können. Allerdings wäre sie - zumindest bis zu einem gewissen Grad - nachvollziehbarer, wenn sie von denen käme, die tatsächlich fürchten müssen, dass sich ihre Lage durch die vielen Flüchtlinge verschlechtern wird: Die Tafelkunden also, Menschen mit geringem Einkommen zum Beispiel, die schon jetzt Schwierigkeiten haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Und die trotz Arbeit so wenig verdienen, dass sie von der Tafel mit Nahrung versorgt werden.

Während im Nachbarlandkreis der Hauptverantwortliche für die Tafeln - Kreisvorsitzender des Roten Kreuz und CSU-Landtagsabgeordneter - gegen Kriegsflüchtlinge hetzt, bemüht man sich bei den Brucker Tafeln darum, das zu leben, was der Bundesverband als Richtlinie ausgegeben hat. Die Gleichbehandlung aller Bedürftigen, unabhängig von Nation, Geschlecht, Religion oder Hautfarbe. Die Richtlinie ist nichts anderes als die konsequente Anwendung des Grundgesetzes. Und Letzteres wiederum ist vermutlich mit ein Aspekt für den ein oder anderen Asylsuchenden, nach Deutschland zu kommen und nicht nach Ungarn.

Das Verhalten der Tafel-Verantwortlichen im Brucker Landkreis ist noch aus einem anderen Grund lobenswert. Anders als die Bundes- oder EU-Politiker wartet man dort nicht, bis die Flüchtlinge ihnen scharenweise die Türen einrennen. Es genügt die Erwartung, dass etliche von ihnen irgendwann einmal dort aufschlagen werden. Auf diesen Moment wollen die Ehrenamtlichen von der Brucker Tafel sich vorbereiten. Deshalb beraten sie schon jetzt, wie man das Angebot bei Bedarf der veränderten Situation anpassen könnte. Von diesem Weitblick würde man vielen Politikern auch ein bisschen etwas wünschen.

© SZ vom 04.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: