Kommentar:Heimlichtuerei der Gymnasien

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Dass sich sechs von sieben Schulen weigern, den Notenschnitt ihrer Abiturienten mitzuteilen, ist bedenklich. Der Hinweis auf den Datenschutz dabei ein löchriges Feigenblatt.

Von Peter Bierl

Die Wahrheit ist immer konkret, hat einer der größten bayerischen Dichter mal erklärt. Deshalb sollte man nicht auf Werbung hereinfallen, egal ob Firmen, Politiker oder öffentliche Einrichtungen sie betreiben. So folgen Gymnasien im Landkreis einem Trend von Kommunen und schmücken sich mit allerlei Titeln, am besten gleich mehreren, als Fair-Trade- und Umweltschule, als Schule gegen Rassismus und für Courage oder man beweihräuchert sich in Leitbildern, in denen etwa die "offene Kommunikation" gepriesen wird.

Im Gegensatz dazu haben sich sechs von sieben Gymnasien geweigert, der SZ den Abiturdurchschnitt zu nennen oder veröffentlichen zu lassen. Wahlweise kann man diese Intransparenz als peinlich, lächerlich oder bedenklich deuten. Dabei gibt es keine offizielle Vorgabe des Kultusministeriums und der Verweis auf die berüchtigte Datenschutzgrundverordnung zieht in diesem Fall nicht. Man müsste ein ganz geniales Mathe-Genie sein und die Formel erfinden, wie sich ohne weitere Angaben aus einem anonymen Durchschnittswert die Einzelergebnisse von an die hundert Schülern errechnen und persönlich zuordnen lassen. Kein Problem haben die Lehrer hingegen damit, die Namen der Einser-Schüler mitzuteilen.

Verbunden mit der Aussage aus Gröbenzell, aus Gründen der Konkurrenz die Durchschnittsnote nicht zu verraten, kommt man vermutlich dem Motiv für die Geheimniskrämerei näher: Schönfärberei. Wenn Schulleiter behaupten, es habe keine "erwähnenswerten" Abweichungen bei den Mathematiknoten gegeben, ist das nicht nachvollziehbar, solange sie keine Daten nennen. Wenn der bayernweite Durchschnitt mit 3,26 schlechter ausgefallen ist als im Vorjahr, sagt einem der gesunde Menschenverstand, dass das Ergebnis in mancher Anstalt vielleicht unterdurchschnittlich schlecht und damit schon der Rede wert wäre. Abgesehen davon, dass alle Notendurchschnitte selbst geschönt sind, weil die Leistungen derjenigen, die das Abitur gar nicht bestanden haben, unter den Tisch fallen.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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