Kommentar:Härte ohne Erfolg

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Landrat Thomas Karmasin hat den Schulen in der Corona-Krise die stärksten Auflagen verpasst. Doch gebracht hat es bisher nichts

Von Andreas Ostermeier

In Krisensituationen zeigen sich etliche Politiker gerne als starke Anführer, die rasch und entschlossen handeln können. Das gilt nicht nur für Bund und Land, sondern auch für den Landkreis Fürstenfeldbruck. So hat Landrat Thomas Karmasin (CSU) den Schulen im Landkreis die stärksten Auflagen gemacht, die nach den Regelungen der Staatsregierung möglich sind. Stufe drei heißt das und bedeutet, dass nur die Hälfte einer Klasse zum Unterricht in die Schule darf. Zugegeben, dieses Vorgehen des Landrats ist bei einem hohen Infektionsgeschehen, wie es im Landkreis herrscht, durchaus möglich. Nicht berücksichtigt wird dabei aber, welche Auswirkungen es auf die Eltern der Schüler hat, wenn Kinder und Jugendliche die halbe Woche zu Hause bleiben müssen, und erfolgreich ist das Vorgehen auch nicht. Andere Landräte und Oberbürgermeister lassen deshalb ganze Klassen weiterhin in den Unterricht gehen.

Über das Handeln des Landrats ist eine Diskussion entstanden, die von beiden Seiten vor allem mit Meinungen und Befürchtungen geführt wird. Zu fragen ist deshalb: Bringt die harte Haltung von Karmasin denn Erfolge, also einen Rückgang der Infektionszahlen bei den Schülern. Da sieht es mau aus. In dem Infektionsbericht, den das Landratsamt täglich versendet, ist nach wie vor von Schülern zu lesen, die sich mit dem Coronavirus anstecken. Und das, obwohl sie nur noch jeden zweiten Tag in der Schule sind. Da liegt die Vermutung nahe, dass sich Kinder und Jugendliche gar nicht in erster Linie in der Schule anstecken. Dazu passt eine Zahl aus Dachau. Im benachbarten Landkreis sind sieben Schulen von Corona-Quarantäne betroffen, weniger als im Kreis Fürstenfeldbruck. Und dort werden Klassen in normaler Stärke unterrichtet.

Neuerdings gibt es in den Corona-Meldungen aus dem Landratsamt noch eine weitere Information, die den Leser stutzig macht. Immer öfter heißt es dort, dass positiv getestete Schülerinnen und Schüler sich - so weit das zurückzuverfolgen ist - in einem Zeitraum angesteckt haben, in dem sie gar nicht in ihrer Klasse saßen. Das ist auch der Grund dafür, dass es zwar nach wie vor neu infizierte Kinder und Jugendliche gibt, das Gesundheitsamt aber keine Quarantänen für die Mitschüler der Betroffenen ausspricht.

Daraus lassen sich nun zwei Schlüsse ziehen. Entweder man sagt: Gut dass die Neuinfizierten zu Hause sind, dann können sie niemanden anstecken. Oder: Sie haben sich ja zu Hause infiziert. Vielleicht wäre es deshalb besser, alle Schüler täglich in den Unterricht zu schicken. Denn die Vermutung liegt ja nahe, dass die Infizierten sich außerhalb der Schule mit dem Virus angesteckt haben, weil dort, wo sie gewesen sind, niemand auf Maske, Hygiene und Abstand achtet.

© SZ vom 30.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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