Kommentar:Gleich ist nicht immer gleich

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Kritische Bilanz am Internationalen Frauentag

Von Heike A. Batzer

Frauen, mit denen es die Natur nicht so gut gemeint habe, könnten ja einen Spaziergang rund um den Fliegerhorst unternehmen, sagte sinngemäß Jürgen Kirner. Am Fliegerhorst wohnen Flüchtlinge - so viel zum Verständnis. Es sollte ein Gag sein am Samstag beim Derblecken auf dem Starkbierfest im Fürstenfeldbrucker Veranstaltungsforum, aber es war nach den Vorfällen der Silvesternacht in Köln: eine peinliche Entgleisung. Nun könnte man das als verbale Verirrung eines Provinz-Krüglredners abtun, der die Grenze zwischen Satire und Geschmacklosigkeit nicht richtig gezogen hat. Doch kurz vor dem internationalen Frauentag an diesem Dienstag machen die Worte auch deutlich: Es gibt noch viel zu tun.

Denn dumme Äußerungen wie diese erfahren Frauen auch im Alltagsleben. Gleichberechtigung der Geschlechter, wie sie im Grundgesetz steht, ist in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens noch immer nicht verwirklicht. Sexismus, also die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, ist noch immer verbreitet. Das fängt bei Kleinigkeiten an wie der Kleidung, die bei Frauen gerne zum öffentlichen Thema wird (zu kurz, zu eng, zu bunt, zu sexy), bei Männern nie. Das setzt sich bei den wirklich relevanten Themen fort.

Frauen stellen fast die Hälfte der Erwerbstätigen, stecken aber vielfach in Minijobs und Teilzeitarbeit fest. Ihre Rückkehr auf Vollzeitstellen gestaltet sich meistens schwierig bis unmöglich. Ihr Anteil an Führungspositionen ist gering und steht in keinem Verhältnis zur Qualität ihrer Ausbildung und Arbeitsleistung. Nach wie vor stecken Frauen beruflich zurück, übernehmen Kindererziehung und Pflege - mit gravierenden finanziellen Einbußen bei Gehalt und Rente. Frauen verdienen weniger als Männer und müssen umgerechnet bis zum 19. März des Folgejahres arbeiten, um das auszugleichen. Auch zu Hause wirken sie unentgeltlich, und selbst erwerbstätige Frauen leisten mehr Hausarbeit und kümmern sich länger um die Kinder als ihre erwerbstätigen Partner.

Doch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist wesentlich für die Gleichberechtigung von Frauen. Einfach ein paar Kinderkrippen mehr zu bauen, wird nicht reichen. Das gesellschaftliche Klima einschließlich Arbeitswelt muss sich ändern. Alte Rollenmodelle passen schon längst nicht mehr.

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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