Kommentar:Gefährliche Blockade

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CDU und Behörden verhindern die Integration selbst von anerkannten Asylbewerbern

Von Peter Bierl

Anhänger von Überfremdungsfantasien könnten sich mal locker machen: Die Zahl der Flüchtlinge im Landkreis ist seit dem Höchststand vom März 2016 um 40 Prozent gesunken. Den Asylhelfern geht die Arbeit aber nicht aus. Dafür sorgt die bayerische Staatsregierung, die Flüchtlingen das Leben möglichst schwer macht, was der faktenresistente Teil der Wähler am Sonntag allerdings nicht honorierte.

Wollen Flüchtlinge ihre meist schlecht bezahlten Jobs ausüben, müssen sie eine Arbeitsgenehmigung vom Landratsamt haben, die nur drei Monate gilt, solche aus Ländern mit geringer Anerkennungsquote kriegen sowieso keine. Die anerkannten Flüchtlinge, die in den Unterkünften leben müssen, sogenannte Fehlbeleger, kriegen jeden Monat einen Bescheid und sollen mehr als 300 Euro für ein paar Quadratmeter bezahlen. Im Regelfall muss das Jobcenter die Summe übernehmen, der bürokratische Aufwand ist enorm.

Die große Zahl der Fehlbeleger und der Umstand, dass in zwei Jahren nur etwa 200 Flüchtlinge im Landkreis eine Wohnung gefunden haben, verweisen darauf, dass es nicht bloß an Wohnungen mangelt, sondern allzu viele Eigentümer nicht an diese Menschen vermieten wollen. Die Flüchtlinge und die Ehrenamtlichen, die viel Zeit in die Suche investieren, kassieren jede Menge Absagen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass CSU-Politiker, Behörden und manche Bürger die Integration blockieren. Stattdessen von Flüchtlingen eine entsprechende Bereitschaft zu verlangen, ist darum reine Heuchelei. Diese Blockadepolitik führt allerdings dazu, dass Flüchtlinge, die zwei Jahre und mehr ohne Perspektiven in Unterkünften festsitzen, allmählich verzweifeln und die Bereitschaft schwindet, selbst aktiv zu werden, sein Leben in die Hand zu nehmen und sich auf die neue Umgebung, die Sprache, Sitten und Werte einzulassen. Wer zum Nichtstun verurteilt ist, wird dadurch schwerlich ein besserer Mensch werden. Das wiederum bedeutet enormes Konfliktpotenzial für die Zukunft und damit Wasser auf die Mühlen des fremdenfeindlichen Mobs.

© SZ vom 27.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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