Kommentar:Freiwilligkeit wird nicht genügen

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Ohne gesetzliche Vorschriften wird das Artensterben nicht aufzuhalten sein

Von Ingrid Hügenell

Freiwillige Vereinbarungen im Artenschutz statt gesetzlicher Regelungen - das befürwortet Gerald Kurz, Vorsitzender der Grafrather CSU. Aber mit dreieinhalb Hektar Blühfläche und viel gutem Willen ist es nicht getan, wenn man das Artensterben noch aufhalten will. Und das ist notwendig, nicht in erster Linie, weil Schmetterlinge schön anzusehen sind und Vögel so nett singen. Nein, es geht um die Lebensgrundlage der Menschheit, um unsere Zivilisation, unser Überleben.

Zu tief sind die Eingriffe in die Kreisläufe der Natur, zu dramatisch die Folgen, als dass freiwillige Aktionen noch genügten, so löblich und wichtig sie auch sind. Nötig sind aber fundamentale Änderungen, und auf sie zielt das Volksbegehren "Rettet die Bienen" ab. Die Initiatoren wollen das bayerische Naturschutzgesetz ändern, und einige der angepeilten Vorschriften betreffen die Landwirte, etwa das Verbot, im Grünland Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Eigentlich geht es darum, dass die Landwirte wieder im Einklang mit der Natur arbeiten. Wer etwas älter ist, erinnert sich sicher noch an bunte Wiesen, die zwei- oder dreimal jährlich gemäht wurden und zahllosen Tieren Schutz und Nahrung boten.

Dann kam eine große Beschleunigung in die Landwirtschaft, und der Deutsche Bauernverband empfahl den Bauern zu wachsen - oder ihren Hof aufzugeben. Die Doktrin "Wachsen oder Weichen" war immer falsch. Sie hat zur Überproduktion geführt, dazu, dass viele kleine Höfe aufgeben mussten und letztlich auch zu verfallenden Preisen. Ja, Kurz hat recht, die Preise für Lebensmittel sind viel zu niedrig, so wie die Preise fürs Wohnen viel zu hoch sind. Seine Forderung nach fairen Erzeugerpreisen ist absolut richtig. Zusätzlich braucht es aber weitere Anreize. Derzeit werden die Subventionen in der Landwirtschaft falsch verteilt, die Gelder fließen meist nach der Fläche - je größer der Betrieb ist, umso mehr bekommt er. Tatsächlich müsste die gesamte Landwirtschaftspolitik reformiert werden.

Das Wichtigste aber: Das Volksbegehren lenkt endlich die Aufmerksamkeit vieler Menschen auf das bedrohliche Problem des Artensterbens, dem längst auch "Allerweltsarten" wie Star, Feldlerche und Feldhase zum Opfer fallen, und das allein ist ein wichtiger Erfolg.

© SZ vom 29.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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