Kommentar:Freistaat auf hohem Ross

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In Sachen Asyl-Erstaufnahme sollte die Stadt auf Augenhöhe an der Entscheidung beteiligt werden

Von Stefan Salger

Der Freistaat sitzt eindeutig am längeren Hebel: Verweigert Oberbürgermeister Erich Raff auf Weisung des Stadtrats seine Unterschrift unter die "gemeinsame Erklärung" und damit auch die Erteilung der Betriebsgenehmigung für die Asyl-Unterkunft am Fliegerhorst, dann könnten Blitz und Donner auf sie herniederfahren. Streng genommen könnte der Freistaat auf die Betriebsgenehmigung pfeifen und bis zu 1600 Flüchtlinge am Rande des Fliegerhorstes unterbringen - bis ultimo, denn nicht einmal an das Datum 31. Dezember 2026 müsste er sich gebunden fühlen.

Ob es die Regierung von Oberbayern und das mittlerweile zuständige Innenministerium auf eine solche Machtdemonstration ankommen lassen, ist freilich eher unwahrscheinlich. Denn was nützt es, nach dem Motto "Wer nicht hören will, muss fühlen" die Knute zu schwingen, wenn man im Überschwang dabei selbst aus dem Sattel fällt? Zur Erinnerung: Im Oktober sind Landtagswahlen. Und da hoffen die CSU-Oberen, dass die Bürger ihr Kreuzchen an der richtigen Stelle machen. Die Kehrtwende bei den Straßenausbaubeiträgen belegt die Nervosität der Schwarzen, die um ihre Mehrheit im Land fürchten. Und nun haben sie durch eine mit Floskeln verbrämte Luftnummer auch noch den eigenen Ortsverband in Bruck gegen sich aufgebracht.

Noch wäre eine Lösung möglich, mit der alle leben können. Vor allem muss die Zahl der am Fliegerhorst untergebrachten Flüchtlinge deutlich nach unten korrigiert werden. Ein paar Hundert wären nach übereinstimmender Meinung von Experten und Politikern für eine Kleinstadt verkraftbar - notfalls eben in Sammelunterkünften. Nicht benötigte Häuser und Flächen auf der bereits entmilitarisierten Fläche könnten im Sinne der von Ministerpräsident Markus Söder vollmundig versprochenen Wohnungsbauinitiative verwendet werden. Und der Zapfenstreich? Was, wenn über 2023 hinaus großer Bedarf für die zum "Ankerzentrum" mutierte Asyl-Erstaufnahme besteht? Dann wäre auch eine Nachspielzeit kein Beinbruch. Aber die Entscheidung darf nicht im stillen Amtskämmerlein des Ministeriums fallen. Bruck muss auf Augenhöhe beteiligt werden.

© SZ vom 18.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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