Kommentar:Ergreifende Exkursionen

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Im Rechtlerwald von Längemoos kann nun jeder seine eigene Lerneinheit im Fach Umweltbildung absolvieren

Von Erich C. Setzwein

Neulich war ein junger Mensch ziemlich erstaunt, als er erfuhr, dass Holz der Rohstoff für Papier ist. Er habe gedacht, es sei Recyclingpapier, war die verblüffte Antwort des Heranwachsenden. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie Allgemeinwissen zu vermitteln, vernachlässigt wird. Es gilt also, Kindern und Jugendlichen mehr über die Natur und die Zusammenhänge der Lebensräume klarzumachen. Einer dieser Lebensräume ist der Wald, und es ist sehr erfreulich, dass viele junge Menschen nicht erst in der Pandemie wieder aufmerksam durch die Wälder wandern und die Natur vor der Haustür für sich entdecken. Das schafft ein Bewusstsein jenseits der freitäglichen Zukunftsdemonstrationen, und dieses Bewusstsein könnte den Jüngeren geweckt werden, stünde ein Waldspaziergang mit einem Förster auf dem Stundenplan.

Umweltbildung ist kein eigenes Schulfach, aber es muss eines werden. Im Unterricht wie auf der Exkursion könnte vermittelt werden, warum es notwendig ist, die Nutzwälder von heute in Zukunftswälder zu verwandeln. Wer die Zusammenhänge besser versteht, kann sich politisch besser artikulieren, kann sich einmischen.

Wer beim langweilig erscheinenden Thema Waldumbau aber einfach abschaltet, weiß echt nicht, was er verpasst. Wie es den Bäumen derzeit geht und ob es in ein paar Jahrzehnten noch intakte Wälder gibt, ist schon lange kein Spezialthema mehr für Forstwissenschaftler und Forstwirtschaft. Schon immer haben Bäume Emotionen geweckt, aber das poetische Gefühl ist der politischen Aktion gewichen. Wer als Nicht-Waldbesitzer und Nicht-Forstwirt von der Schönheit und Vielfalt des Waldes ergriffen ist, denkt möglicherweise anders über die Holzwirtschaft und den Klimaschutz.

Dieser Ergriffenheit sollte einhergehen mit dem tatsächlichen Begreifen, dem Anfassen der Borke, dem Riechen der Fichtenzapfen, dem Fühlen von Form und Größe der Eichenblätter. Dazu kann Waldpädagogik einen besonders wichtigen Beitrag leisten. Deshalb sind Lehrpfade so wichtig, deshalb haben von Fachleuten organisierte Führungen ihren Sinn. Nicht nur für Waldbesitzer, die jetzt bereits an ihre Enkel denken, sondern auch und gerade für die Enkel, damit sie erkennen, was sie erwartet. Im Rechtlerwald von Längemoos kann jeder seine eigene Lerneinheit absolvieren. Einfach so, ohne Eintrittskarte, Anmeldung oder 2G.

© SZ vom 17.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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