Kommentar:Engagierte Bürger sind nötig

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In Grafrath werben Aktivisten für den öffentlichen Nahverkehr. Das ist wichtig, denn ohne die Bürger wird der Klimaschutz nicht gelingen

Von Manfred Amann

Forderungen nach Energiewende und Klimaschutz sowie Aufrufe, wie: "Es ist fünf vor zwölf", füllen alle Medien. Bleibt die Frage, bei wem diese Appelle Gehör finden? Bei der Politik? Die verweist auf Diskussionen und angebliche, in die Zukunft weisende Beschlüsse, verschweigt aber gleichzeitig die gesetzlichen Hürden, die von Bund und Land zu verantworten sind. Vielmehr scheint man gar nicht daran zu denken, diesbezüglich zu drängen. Bei der Wirtschaft? Dort ist zwar in Ansätzen ein Umdenken erkennbar, aber es bestimmen uneingeschränkt die höchstmöglichen Gewinnmargen, wo es lang geht. Einzige Erkenntnis daraus ist, dass jeder einzelne Bürger selbst aktiv werden muss, damit uns das Klima nicht mit noch mehr und gefährlicheren Wetterkapriolen und deren verheerenden Folgen für die wissentliche Passivität bestrafen könnte.

Die Initiative "Klimaaktiv vor Ort" in Grafrath setzt in Besorgnis um diese fatale Entwicklung mit Aktivitäten wie dem "Einkaufen mit dem Fahrrad" oder mit Workshops, zum Beispiel zur Einsparung von Plastik und von chemischen Putzmitteln, den Gedanken bereits um und findet im Ort zunehmend Zuspruch und Anhänger. "Informieren und vorleben": Damit könne man Schritt für Schritt mehr erreichen als mit Diktaten und Angeboten von oben, glauben die Aktivisten und hoffen, dass auch andernorts ähnliche Initiativen entstehen. Mit: "Steigen Sie ein in den Bus - für eine klimafreundliche Region", wollen die Grafrather nicht nur einem Beitrag zur Verkehrswende leisten, sondern übernehmen mit Unterstützung der Agenda 21 eine Vorbildfunktion im Landkreis. Man kann über die Gefahren der Klimawende denken, was man will, der Erfolg der Grafrather Initiative zeigt auch, dass gemeinsames Handeln Freundschaften entstehen lässt, zur Bildung eines Netzwerkes beiträgt und so das Gemeinschaftsleben bereichert. Wenn ein Aktivist daher philosophiert, dass so ein Anstoß zu einem rücksichtsvolleren sozialen Zusammenleben im Ort gegeben werde, mag dies weit hergeholt sein, ist aber ein sehr positiver Aspekt.

Sicher ist, dass mit kleinklimatischen Aktionen wie "essbare Gemeinde" die Lebensqualität im Ort zunimmt. Das Grafrather Beispiel macht überdies auf ganz besondere Weise deutlich, dass solche Aktivitäten von unten nur möglich sind, wenn es Personen gibt, die die allgemeine Sache zu ihrer eigenen machen und im Sinne der Zielsetzung engagiert vorangehen. Das ist sicher nicht neu, schließlich wurde daher in den Kommunen extra der Posten des Umweltreferenten eingeführt. In Grafrath passt zwischen das politische Mandat und die Klima-Initiative kein Blatt Papier. Wie aber sieht es in anderen Kommunen aus? Wie gesagt: "Es ist kurz vor zwölf."

© SZ vom 01.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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